Redundante Texterstellung
Dienstag, 15. November 2016
Die Geißeln der Menschheit
bobloblaw, Dienstag, 15. November 2016, 00:23
Abschnitt 1 - Religion

Gott ist nicht tot...

Nietzsche (1888) lässt den Menschen Gott töten um ihm einen Grundaufbau neuer Werte zu ermöglichen. Der Ansatz ist dabei so brillant, dass er – speziell im historischen Kontext – eine kurze Betrachtung mehr als verdient. Gott als Metapher für die Religion zu nehmen und die Notwendigkeit einer gänzlichen Abkehr von diesem Grundwert, sowie von anderen fundamentalen Werten, zu erkennen, ist für einen Menschen des 19. Jahrhunderts herausragend. Dies wird umso deutlicher wenn man sich die Welt zur Betrachtung heranzieht. Noch immer ist die Menschheit daran gescheitert sich entscheidend weiterzuentwickeln. Dies führt uns zu dem Punkt in dem Nietzsche irrte und der den Grundfehler im Umgang mit falschen Bestandswerten aufzeigt. Denn die Zeit hat gezeigt, dass das reine symbolische Töten der Religion nicht ausreicht, vielmehr muss ihre Existenz überhaupt in Frage gestellt werden – Gott ist demnach nicht tot, denn was nie existierte, konnte und kann nicht sterben – bis hin zu einer absoluten Löschung eines Religionskonzeptes aus dem Raum aller Lösungen und Lösungswege. Schließlich ist der Mensch zwar als Individuum, nicht jedoch als Gruppe oder gar Gesellschaft, in der Lage sich von Pfadabhängigkeiten in der kurzen Frist frei zu machen. Nicht anders ist es zu erklären, dass auch heute noch versucht wird gesellschaftliche Werte historisch und nicht aus einer allgemeinen, unbeeinflussten Vernunft abzuleiten. Es geht schlichtweg um die Konsensfähigkeit in der Gruppe. Das Problem, das dadurch unweigerlich entsteht ist ein operationales. Es scheint nicht möglich die Religion ausreichend lange, das heißt über mindestens 2 bis 3 Generationen komplett aus der Gedankenwelt aller Menschen heraus zu halten. Erst dann würde, in einer anschließenden Betrachtung, die ehemalige Religion objektiv betrachtet und damit als der unfassliche Unsinn wahrgenommen, der sie ist. Jedoch ist der einzige Weg durch den diese Art von Erfolg hinsichtlich einer Religion erreicht werden konnte das Verdrängen einer Religion durch einen mindestens äquivalent unsinnigen Glaubensansatz. Selbst prominente und aggressive nichtreligiöse Ideologien mit vergleichbar hohem Gewalt- und Menschenverachtungspotenzial, wie der Staatskommunismus oder der (faktisch politische) Faschismus, haben es nicht vermocht die jeweiligen Bestandsreligionen zu verdrängen. Wir verdanken also die Einsicht, dass beispielsweise Odin, Osiris und Olymp heute als die Märchengeschichten betrachtet werden, die sie sind, ihrem Ersatz durch die heute dominierenden monotheistischen Religionen.


Die Institutionalisierung des Glaubens

Glaube ist wichtig. Der Mensch, so rational er sich selbst als Wesen sehen mag, so wichtig ist es für ihn, dass er sich an etwas aufrichten kann, das für ihn eine unabänderliche Wahrheit darstellt. Dabei kann dieser Glaube sich in vielerlei Hinsicht manifestieren. Materiell, philosophisch, ideologisch oder spirituell. Speziell die beiden letztgenannten Formen sind dabei potenziell gefährlich, wenngleich nicht notwendigerweise. Spiritueller Glaube an sich ist eine sehr sinnvolle Methode zur Auseinandersetzung mit dem Selbstbild des Menschen und seiner eigenen Rolle in einer Welt, die seinen Verstand in ihrer Komplexität weit übersteigt. Das Problem beginnt, wenn Glaube sich institutionalisiert.

Unter institutionalisiertem Glaube kann man ohne weiteres Kirche verstehen, aber nicht ausschließlich. Im Zweifel beginnt die Institutionalisierung schon mit einer Gemeinde, oder der Namensgebung. Mit Sicherheit aber mit der Schrift. Die Schrift ist dabei die objektivierte Fortbestandsproklamation. Hegt jemand einen privaten Glauben – das heißt im Wesentlichen: Einen Glauben nur für sich selbst – so endet dieser Glauben mit der Person des Glaubenden. Das Verfassen einer Schrift entkoppelt den Glauben vom Glaubenden, er wird Institut, Ideologie, Religion.

Der Mensch als Wesen ist allerdings meist hinsichtlich der Richtigkeit seiner eigenen Überzeugung voreingenommen. Es liegt in seiner Natur. Gleiches gilt für einige instinktive Verhaltensweisen. Die Überhöhung der eigenen Person über andere ist die moderne Aufmachung uralter Verhaltensmuster, sozusagen gewissermaßen eine Manifestation von Fortpflanzungstrieb und Überlebensinstinkt. Sie ist ein Relikt der evolutiven Entwicklung der Spezies Mensch. Ironie hin, Ironie her. Die Implikationen die sich daraus ergeben sind der entscheidende Punkt wieso Religion nicht nur so ein massives Hemmnis der Fortentwicklung des Menschen, sondern vielmehr eine fundamentale Gefahr für Rationalität und Gerechtigkeit darstellt.

Das Bilden von Gruppen zur Gruppenweiten Überhöhung der Persönlichkeit ist ebenfalls kein neues Phänomen. Es ist eine pragmatische Verhaltensweise, die es den Gruppenmitgliedern ermöglicht Ressourcen zu sparen und dadurch die jeweils eigenen Erfolgschancen zu erhöhen. Die Gruppengröße richtet sich dabei nach den verfügbaren Ressourcen, die Mitgliedschaft in der Gruppe nach den eigenen Fähigkeiten beziehungsweise dem Nutzen für die Gruppe. Interpretierbar ist dieser Nutzen als die absolute physische Stärke des Individuums. Diese Interpretation gilt dabei für Frauen und Männern gleichermaßen, es unterscheidet sich lediglich das betrachtete Set an Fähigkeiten sowie deren relative Attribution. Im weiteren Sinne kann man hier also vom klassischen Überleben des Stärkeren sprechen. Doch diese Interpretation wurde durch die semantische Entkoppelung des Begriffs „Stärke“ von seiner primär physischen Bedeutung, im Rahmen der Entwicklung des Menschen und seiner Kulturorientierung, pervertiert. Stärke konnte in der Folge im Kontext unterschiedlicher Kulturen die verschiedensten Interpretationen haben.

Die Problematik, wie sie bis heute ungebrochen fortbesteht, ergibt sich demnach daraus, dass ausgrenzendes Verhalten in der Natur des Menschen liegt und sich nicht nur in individuellem Verhalten, sondern gleichermaßen in den verschiedensten gesellschaftlichen Konstrukten zeigt. Und genau hier liegt das Problem.

Institutionalisierter Glaube grenzt aus. Er hat ein Manifest, einen moralischen Kodex, er kennt die Werteorientierung als Konzept und er hat eine eigene Definition von Richtig und Falsch. Im Wesentlichen heißt das, er hat Ideologie. Darüber hinaus besitzt er aber auch immer eine zentrale abgrenzende Komponente. Die Gemeinschaft definiert sich nicht ausschließlich über Verhalten und gemeinsamem Glaubenskonstrukt, sondern sehr stark über eine strikte Kontrastierung zu Gruppenexternen Individuen und Gruppen. Dabei steht oft auch ein missionierender Anspruch, nahezu immer jedoch ein Dominanzanspruch im Raum.

Die praktische Umsetzung von institutionalisiertem Glauben ist gut und umfangreich dokumentiert. Die ursprünglichen, aus allgemeinen Lebensregeln des Entstehungsortes der Religion entstandenen, Verhaltensregeln und Grundsätze werden über die Zeit ritualisiert und von ihrem eigentlichen raison d‘être entfremdet, bis auch ein Wegfallen des selbigen den Fortbestand des Rituals oder der ritualisierten Regel nicht mehr tangiert. Die Institution selbst schafft sich dadurch den Handlungsrahmen, die führenden Personen, deren Existenz die Größe der jeweiligen Organisationen bedingt, erhalten ihre Machtinstrumente und Legitimation.

Diese Art von Machtverteilung und insbesondere Legitimation aus dem System selbst heraus macht religiöse Ideologien so mächtig und damit so außerordentlich gefährlich. Denn die psychosoziale Bindungswirkung ist unvergleichbar hoch und hinzu kommen sehr lange zurückreichende soziokulturelle Pfadabhängigkeiten und die Vermischung von Alltag und Religion, deren Trennung mitunter sehr schwierig zu gestalten ist. Ein weiteres tragendes Element in diesem Zusammenhang ist das Vorhandensein von Dogmatik. Selbige und das Festhalten an offensichtlich unwahren Elementen der eigenen Lehre sind Überprüfungsmechanismen für die Loyalität der eigenen Anhänger.
Was passiert, wenn man eine Institution mit einem unangreifbaren Herrscher und einem gut funktionierenden quasi-feudalen Führungsapparat ausstattet, keine rechtstaatlichen Schranken (mehr) bestehen und die aktivierte Zahl der bedingungslos folgenden Mitglieder eine kritische Grenze überschreitet, lässt keinen Raum für Spekulation.

Es wird Unterdrückung geben. Gegen die freie Meinung sowie Teilgruppen der eigenen Gemeinschaft.

Es wird Ausgrenzung geben. Gegen Minderheiten und Außenstehende.

Es wird Gewalt geben. Gegen alles und jeden, wodurch die eigene Machtbasis gefährdet oder die Ausdehnung der eigenen Macht einschränkt wird. Oder um die eigene Organisation auf Linie zu halten.


Das ist das wahre Antlitz der Ideologie.

Ideologie induziert gewaltunterstütze Unterdrückung und Ausgrenzung.

Ideologie ist Faschismus.

Religion ist Faschismus.

Wäre Gott nur tot.

Es hilft nur die Vernunft, doch sie ist so unglaublich unpraktisch und anstrengend…



Abschnitt 2 – Nichts ist verwerflich genug hier zu erscheinen.

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