Redundante Texterstellung
Mittwoch, 7. September 2016
Umverteilungstheoretische Überlegungen im Kontext politischer und ökonomischer Systematiken
bobloblaw, Mittwoch, 7. September 2016, 18:55
Was ist soziale Gerechtigkeit? - Definitorische Ansätze und Status Quo:

Zunächst einmal ist soziale Gerechtigkeit ein Begriff, bestehend aus zwei Worten. Dann ist es auch noch etwas Gutes - zumindest für eine sehr große Mehrheit der Menschen.. Doch abseits dieser einfachen Eingrenzungen ist der Begrifft schwammig, gar polymorph. Dies wiederum ist logisch, denn der betrachtete Begriff ist ein politischer. Freilich liegen linke Parteien bei der Häufigkeit der Verwendung tendenziell vorne, jedoch ist es rein die Semantik, dem Begriff kontextual beigefügt, welche seine aktuelle Bedeutung definiert. Zumindest für den Augenblick.
Ein Sozialist versteht darunter vermutlich eine möglichst absolute Gleichheit der Gesellschaft in wirtschaftlich aber auch politischer Hinsicht, ein Anhänger der freien Marktwirtschaft, dass jeder das erhält was er verdient, erarbeitet, erwirtschaftet hat. In der sozialen Marktwirtschaft als hybridem System zwischen diesen beiden Extremen, wie es beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland faktisch Anwendung findet, ist soziale Gerechtigkeit der Zustand eines optimalen Umverteilungsgrades, also einer idealen Ausgewogenheit zwischen der sozialen Gleichheit der Bevölkerungsschichten und der Möglichkeit durch eigene Leistung für sich, eigenen, vom Rest der Bevölkerung zunächst einmal differenzierten, Wohlstand zu schaffen.
Bei dieser Betrachtungsbreite fällt auf, dass eine wirtschaftliche Komponente bei der Begriffseingrenzung nicht von der Hand zu weisen ist und das wiederum erscheint nicht zufällig. Schließlich sind auf das politische und das ökonomische eng verbunden.
Die allgemeine Entwicklung hin zu dieser Idee eines Kompromisses der beiden extremen, jedoch auch, und das ist das faszinierende, beiderseits gerechten Vorstellungen ist gepflastert mit zahllosen Fehlern und Irrtümern. Auch dieser Umstand erscheint, speziell retrospektiv, logisch, denn beide Systeme für sich besitzen wie gesagt eine gewisse, überzeugende intrinsische Logik einer gerechten Welt.
Diskussion, Philosophie, Politik und Kriege - ganz nach Clausewitz die "Fortführung der Politik mit anderen Mitteln" - fanden in dem, aus dem scheinbaren gegenseitigen Ausschluss dieser beiden Sichtweisen erwachsenden, Konflikt einen potenten Nährboden.
Der zentrale Fehler aller Parteien in sämtlichen obig beschriebenen Formen der gesellschaftlichen oder außenpolitischen Auseinandersetzung, war ein kultureller. Ein kulturell bedingter Fehler so tief in uns Menschen verwurzelt, dass eine Überwindung dieses Fehlers auch heute noch unüberwindbar scheint. Selbst für uns, die wir das Problem begriffen haben und die Lösung kennen, doch wissen, dass jene profunde Prägung es praktisch unmöglich macht, in absehbarer Zeit die bekannte Lösung zu implementieren. Zumindest ohne eine gewaltsame Diktatlösung.
Bevor im Weiteren darauf eingegangen werden kann, ist es essentiell zu verstehen, welche grundsätzlichen Gerechtigkeitsgedanken den beiden extremen systematische Ansätzen für Staat und Gesellschaft, nämlich dem Sozialismus und der freien Marktwirtschaft, zugrunde liegen und welche Mechanismen und Fakten zu ihrem Versagen führen.
Weiter ist es auch wichtig zu verstehen, weshalb man in den heutzutage üblichen hybriden Realsystemen die Probleme und charakteristischen Entwicklungen beider Ansätze nur abschwächen und gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rigiditäten grob korrigieren kann.

Sozialismus als wirtschaftliches und politisches System:

Die grundsätzliche Problematik des Sozialismus liegt in der Natur des Menschen, nicht in der zugrunde liegenden Idee für die Ausgestaltung des politischen und ökonomischen Systems. Daher ist es zunächst nötig zu verstehen, welche grundsätzlichen Prinzipien im Zentrum des Ansatzes stehen und inwieweit sich das systemische Versagen des Systems darstellt. Ohne große Exkurse zu bemühen lässt sich der wesentliche Versagensgrund recht schnell zusammenfassen. Im Sozialismus soll der Mensch vergleichsweise gleichgeschaltet sein. Das Individuum, soll sich durch soziale Erfolge für die Gemeinschaft Bestätigung holen und von den anderen Individuen des Systems differenzieren, nicht durch ökonomischen Erfolg. Nun scheint es aber so, dass ökonomischer Erfolg dem sozialen Erfolg, zumindest in der polyindividuellen Wahrnehmung, mehr als deutlich überlegen ist. Einer der dominierenden Triebe des Menschen ist der Fortpflanzungstrieb. Dieser geht wiederum sehr stark mit der Motivation einher, sich selbst von potenziellen Mitbewerbern zu differenzieren. Zunächst eher durch physisch bedingte Erfolge wie die Jagd, später vermehrt durch abstraktere Mittel, wie beispielsweise Ertragskraft. Die narzisstische Vorstellung des Menschen, der sich selbst über den Status eines Tieres erhebt und dessen niedere Motivationsebene für sich ausschließt und obsolet erklärt, manifestiert sich in dieser Problematik sehr deutlich. Der Mensch ist noch sehr weit davon entfernt sich über urzeitliche Triebe und Instinkte erheben zu können und wird versuchen seinen ökonomischen Erfolg durch Nutzenmaximierung zu optimieren. (Natürlich ist die Nutzenmaximieren nicht absolut sondern unterliegt diversen individuellen, nicht-pekuniären Nebenbedingungen. Dennoch bleibt sie in ihrem Wesen maßgeblich.)
Neben dem Fortpflanzungstrieb ist auch der Überlebensinstinkt von nennen, bedingt er doch gewissermaßen die Nichtsättigung im Verhalten des Menschen und damit in gewisser Weise auch die Gier des Menschen nach bestimmten Sicherheitszuständen und ihren Güteräquivalenten.
Der dabei zentrale und entscheidende Faktor ist also die Nutzenmaximierungsprämisse und deren Implikationen bezüglich des Opportunitätskalküls und teilweise auch in der gewissen Nichtsättigungstendenz des Konsumenten. Paradox daran ist, dass der Mensch selbst wohl eines der intuitivsten Beispiele für instinktives, nutzenmaximierendes Verhalten ist und man es einfach so sagen kann: Der Mensch ist aufgrund seiner Natur nicht für ein planwirtschaftliches System geeignet. Der Mensch wird in einem System, in dem Leistung und Nichtleistung ökonomisch vergleichbar erfolgreich sind, demnach also keinerlei Anreizkompatibilität besteht, nicht die ausreichende Innovationskraft und Gesamtleistung aufbringen um das wirtschaftliche System nachhaltig aufrechtzuerhalten. (Dabei ist die kurzfristige Stabilisierbarkeit solcher Systeme durch Zwang noch nicht berücksichtigt. Dieser Umstand ist für die ökonomische Untersuchung der sozialen Gerechtigkeit jedoch auch nicht von elementarer Bedeutung).
Festzuhalten bleibt, dass es einen deutlichen Sprung in der sozialen Entwicklung der Menschheit in ihrer Gesamtheit bedarf, um ein funktionierendes und gerechtes sozialistisches System zu implementieren. Es ist jedoch zumindest fraglich ob der Mensch, ob seiner tiefsten natürlichen Prägung, überhaupt fähig ist eine solche Entwicklung zu vollziehen.
Jedoch gibt es in diesem Kontext auch eine gewichtige Einschränkung anzubringen. Denn im Endeffekt funktionieren solche Systeme bereits. Man muss nur mal über seine eigene Familie oder sonstige kleine Gruppen nachdenken und man wird feststellen, dass innerhalb dieser Strukturen, aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wie familiärer Zugehörigkeit, sehr wohl eine Art Sozialismus funktioniert (inwieweit langfristige Pläne erstellt werden ist eigentlich irrelevant, da auch deren Dauer auf die Verkleinerung der Gemeinschaft herunter zu rechnen ist). Soll heißen, dass ein sozialistisches System in Mikrokosmen mitunter auch langfristig möglich ist, allerdings die Wahrscheinlichkeit der Langfristigkeit mit der Zunahme der Individuen abnimmt.
Problematisch hierbei bleibt, dass planwirtschaftliche Systeme maßgeblich darauf aufbauen, dass man sich sogenannter "Verbundvorteile " bedient, womit schlichtweg Synergieeffekte gemeint sind (die allerdings paradoxerweise, aufgrund von Staatsversagen, irgendwann in aller Regel in fallenden Skalenerträgen resultieren). Wenn nun allerdings die Verbundvorteile ausgenutzt werden, leidet die Stabilität des Systems erheblich, was wiederum externe stabilisierende Maßnahmen bedingt. Das heißt nichts anderes, als dass der Sozialismus, nach heutigem Stand der Menschheitsentwicklung, zumindest auf Staatsebene, die Diktatur als notwendige Bedingung hat.
(Außerdem noch ein kleiner Denkanstoß: Wenn eine Fusion aller Unternehmen sämtliche externen Effekte effizient internalisiert , wieso produziert es dann an der Kapazitätsgrenze. Interessanterweise schafft sich ein planwirtschaftliches System, aufgrund der fehlenden Gewinnmaximierungsprämisse im Unternehmen, durch die Internationalisierungsmaßnahme einen riesigen externen Effekt. Die Theorie der externen Effekte versagt hier also)

Freier Kapitalismus als wirtschaftliches System:

Die sogenannte freie Marktwirtschaft stellt den anderen Pol in der bestehenden politökonomischen Systematik. Sie stellt den Gegensatz zur vollkommenen ökonomischen Gleichstellung des Sozialismus dar und stützt sich auf die Differenzierung durch Leistung.
Die Logik und die damit verbundenen Vorteile liegen klar auf der Hand. Ein Individuum, das leistet soll auch leistungsadäquat dafür belohnt werden. Wer also etwas erfindet soll den ökonomischen Vorteil daraus ziehen können. Innovationskraft und Risikobereitschaft haben einen wesentlich höheren Pay-off als das bloße Anbieten der eignen Leistungsfähigkeit gegen eine fixe oder variable Kompensation ohne (nennenswerte) Residualansprüche.
Exkurs - Soziale Gerechtigkeit im Verhältnis Arbeitnehmer-Unternehmer:
Betrachtet man das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern grundsätzlich, so muss es logisch sein, dass ein Unternehmer einen größeren Teil der Gewinne erhält. Es ist schließlich der Unternehmer, der seine individuelle und persönliche Risikoexposition erhöht wenn er unternehmerisch tätig wird. Obgleich eine gewisse Verantwortung des Unternehmers für seine Belegschaft selbstverständlich gewahrt werden muss, so ist es der Unternehmer der den Arbeitsplatz im Rahmen seiner Risikobereitschaft schafft. Und hier irrt die sozialistische Ideologie wenn sie fordert, die Arbeiterschaft müsse den Großteil der (physisch) von ihr erwirtschafteten Erträge - den Mehrwert - erhalten. Der Arbeiternehmer ist leistungsadäquat zu entlohnen, sprich gerecht, jedoch nicht darüber hinaus. Soziale Gerechtigkeit kann hier nur heißen, dass der Arbeitnehmer objektiv gerecht für seine erbrachte Leistung entlohnt wird und der Unternehmer alle Residualgewinne für sich behalten darf, egal wie hoch sie ausfallen, denn dieser unsichere Ertrag ist die, im Vorhinein ungewisse, Entlohnung seiner Risikoexposition.
(Die Diskussionswürdigkeit der Unternehmerschaft von Konzernen i.S.d. obigen Ausführungen soll hier, aus Gründen der thematischen Kompaktheit, nicht weiter betrachtet werden).
Ende des Exkurses
Die Nachteile der kapitalistischen Systeme liegen insbesondere in ihrer Manifestationsneigung. Solange alle Individuen eine annähernd gleiche Kapitalausstattung und damit in gewisser Weise auch Ertragskraft haben, sind die Probleme gering. Die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten führen jedoch automatisch zu einer Ungleichverteilung der Vermögen. Diese Umverteilung ist einerseits extrem in ihrer Ausprägung und andererseits auch exponentiell in ihrer Entwicklung. Denn Vermögen erhöht die Leistungsfähigkeit und erleichtert den Zugang zu externer Leistungsfähigkeit sowie zu Ertragsquellen, die eine gewisse Vermögensakkumulation für ihre Erschließung voraussetzen. Ein weiteres Problem ist die naturgemäße Ungleichverteilung von Leistungsfähigkeit. Will man keine evolutionsbiologische Auslese in der menschlichen Gemeinschaft, so stellt sich hier die Frage, wie dieser Ungleichverteilung kompensatorisch beizukommen ist.
Der totale Kapitalismus und auch etwas schwächer ausgeprägte Formen der freien Marktwirtschaft führen also zu extremen Vermögensverteilungsdisparitäten (empirischer Nachweis: hohe Gini-Koeffizienten), Armut in großen Bevölkerungsteilen, faktisch existenziellen Abhängigkeiten sowie massiven zyklischen Verwerfungen im ökonomischen und sozialen Leben.
(Dieser Abschnitt beschränkt sich mit Absicht nur auf die für die weiteren Ausführungen relevanten Sachverhalte. Für einen Einstieg in die weiterführende Kritik am totalen Kapitalismus empfehle Ich „Das Kapital“ von Karl Marx, das auch heute noch die Lektüre Wert ist. Natürlich unter Berücksichtigung einer adäquaten historischen Einordnung)
(Zudem: Die aktuell diskutierten Veränderungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Konjunkturzyklen und den klassischen Marktmodellen auch bezogen auf eine Großzahl an quasimonopolistischen Konzernen ist hier nicht weiter behandelt.)

Zieldisparitäten und hybride Systeme:

Immer vorausgesetzt es geht bei der Betrachtung nur um ökonomische Gerechtigkeitsaspekte und nicht um andere Aspekte wie Rechtstaatlichkeit, so lassen sich die zentralen Punkte zur Implementierung eines gerechten Systems auf zwei Kernelemente zusammenfassen: Anreizkompatibilität und Umverteilung.
Nun erscheint es so als ob, zumindest in bestimmten Teilen, diese beiden Elemente einem systematischen Zielkonflikt ausgesetzt sind. Schließlich dämpft Umverteilung einen, rein pekuniär ausgedrückten, Leistungsanreiz um jenen Betrag, den das empfangende Subjekt durch selbige erhält. In Zahlen ausgedrückt ergibt sich also folgende einfache Rechnung. Angenommen es gibt in einem Staats zwei Haushalte. Beide Haushalte benötigen 20 Werteinheiten zur Bestreitung seiner sämtlichen Bedürfnisse . Ein Haushalt wird 35 Werteinheiten als eigene Leistung erwirtschaften, die Leistung des anderen Haushalts steht noch nicht fest. Die Überschüsse über den eigenen Bedarf stehen der Gemeinschaft zur Verfügung. Der zweite Haushalt erhält nun beispielsweise diese 15 Werteinheiten als Transferleistungen im Rahmen der Umverteilung, so ist der ursprüngliche Anreiz zur Erwirtschaftung von 20 Einheiten ohne Umverteilung um diese 15 Einheiten gemindert. Diesen Umstand wird der betroffene Haushalt, vorausgesetzt die plausible Annahme gelte, dass die Umverteilung Pfadabhängigkeiten (speziell nach der ursprünglichen, nicht gleichen, Verteilung der Vermögen und Ertragsquellen) folgt und somit nicht zufällig ist, diesen Umstand erwarten und bereits ex-ante bei seiner Entscheidungsfindung internalisieren. Die zu erwartende Eigenleistung des Haushalts entspricht demnach 5 Werteinheiten. Dies ist insbesondere wahr, als einerseits die wirtschaftliche Forschung schon seit längerem den Gedanken eines rein gewinnmaximierenden Individuums fallen lassen musste und andererseits die Höhe der Umverteilung plausibler Weise an die gesamte Einkommenssumme des Haushaltes gekoppelt ist und sensitiv auf die eigene Haushaltsleistung reagiert. Gleichzeitig reduziert sich aber auch der Anreiz des ersten Haushalts mehr als 20 Einheiten zu erwirtschaften.
Natürlich ist dieses einfache Beispiel realitätsfremd. Die Implikationen die es aufzeigt sind gerade in modernen Staatssystemen und einer großen Anzahl an Haushalten jedoch sehr real.
Die Problematik beider Systeme, sowie das Spannungsverhältnis von Umverteilung und Anreizkompatibilität sind klar.
Ein aktuell vergleichsweise erfolgreicher Lösungsansatz dieses Konfliktes sind die hybriden Systeme, oft auch soziale Marktwirtschaften genannt.
Das Problem bei den sozialen Marktwirtschaften ist, dass sie es zwar vergleichsweise gut schaffen die Nachteile der beiden polaren Systeme abzumildern, jedoch nicht beseitigen können. So führt auch ein hybrides System langfristig fast zweifelsohne zu einem Auseinanderdriften von positiven und negativen Vermögenskonzentrationen. Bei den vermögensfernen Schichten entsteht dabei oft eine zumindest gefühlte, oft aber auch eine tatsächliche Ohnmachtssituation, welche erneut die Probleme in Bezug auf Umverteilung und Anreizsituation hervorbringt. Dies ist insbesondere bei (wiederholten) ökonomischen Schocks der Fall. Langfristig werden die Systeme also immer instabiler und zwar sowohl ökonomisch wie politisch und können somit nicht die Krone der sozialen Gerechtigkeit darstellen. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei, dass jene, die im Falle einer Krise aktuell die größere Vermögensakkumulation besitzen den daraus resultierenden Einfluss nutzen werden um individuelle Verluste oder Verlustrisiken auf die Allgemeinheit, also den Staat, zu verteilen. In der langen Frist manifestieren sich durch dieses Verhalten nämlich nicht nur die Machtverhältnisse der Bevölkerungsgruppen, sondern auch die öffentliche Gesamtschuld, welche den Druck auf die ärmeren Schichten überproportional erhöht. Dies geschieht sowohl indirekt durch die eigentliche Schuldenlast und indirekt über eine größere Instabilität und Inflexibilität der öffentlichen Hand. Empirisch zeigt sich dieser indirekte Druck beispielsweise durch den Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit.
Letztendlich wird also klar, dass eine Lösung des Problems im Rahmen der heutigen Lösungsansätze nicht zu erwarten ist.
Kommen wir folglich zurück auf die zuvor aufgestellte Hypothese, das Problem sei seinem grundsätzlichen Wesen nach ein kulturelles.
Die Begründung ist sehr einfach und eigentlich geradezu intuitiv. Dennoch reagieren die meisten Menschen, so habe ich das in vielen Gesprächen festgestellt, sehr ablehnend und mitunter aggressiv, sobald sie erstmalig mit ihr konfrontiert werden. Zumindest anfänglich und ohne weitere Erläuterungen. Nach einer gewissen Diskussionszeit nimmt der Anteil derjenigen, welche den Vorschlag als tatsächlich gerecht erachten deutlich zu. Dies ist auch ein erster Hinweis auf ein zentrales Problem (nicht nur in diesem Kontext). Der Mensch liebt seine Paradigmen.
Das Hauptproblem hingegen ist ein kulturelles, weil die Lösung nicht in einer intragenerationellen Umverteilung liegt, sondern in einer intergenerationellen Umverteilung.
Zwar würde sich das Problem der Wirkung der Umverteilung auf Seite des Umverteilungsempfängers nicht gänzlich lösen lassen, das Problem auf der Seite des Umverteilungsgebers würde aber fast gänzlich ausgehebelt.
Nun kommen wir zum eigentlichen Problem dieses Ansatzes. Durchaus bewusst noch bevor überhaupt alle Vorteile dargelegt wurden. Der aktuelle Status Quo bezüglich der Verteilung des Kapitals sowie unsere Jahrtausende alte Prägung darauf, dass die Weitergabe des eigenen Besitzes an die eigenen Nachkommen das einzig logische Verhalten ist, werden auf absehbare Zeit verhindern, dass sich dieses neue, überlegene System der sozialen Organisation von Staats und Gesellschaft durchsetzt und etabliert. Zu groß sind die Hindernisse und nötigen Veränderungen im Hinblick auf Rechtssystem, Wirtschaftsverkehr und Sozialgefüge.
Dennoch wären sämtliche Umstellungen nur groß und nicht unmöglich. Alle Neuregelungen wären fremd und detailliert aber nicht detaillierter und absurder als so viele aktuell geltende Regelungen. Man denke nur an das deutsche Steuerrecht. Vermutlich wären viele Regelungen sogar mehr als nur graduell effizienter.
Der vom Menschen zu vollziehende Wandel ist demnach ein kultureller. Eine Kultur in der die Weitergabe des einen Vermögens und Besitzes an die Gemeinschaft der Normalfall ist, kennt keine Empörung der hypothetisch Erbberechtigten weil diese, auch ihrem eigenen kulturellen Verständnis nach, nie einen Anspruch auf dieses Vermögen hatten. Nichtsdestotrotz bleibt die Problematik des kulturellen Status Quo eine entscheidende, weil eine faktische.

Intergenerationelle Umverteilung und soziale Gerechtigkeit:

Nachdem nun, hoffentlich in beidseitig ausreichender Knappheit, klar geworden ist, welche Ansätze sich einerseits gegenüberstehen und welche faktischen Umweltzustände nachdrückliche Relevanz für die Thematik innehaben, so können sich die weiteren Ausführungen darauf konzentrieren, inwieweit sich die formulierte Hypothese bezüglich der Ausgestaltung der Umverteilungspolitik darstellt und welche Vorteile, Nachteile, Folgen sowie Implikationen daraus erwachsen.
Werfen wir dafür zunächst noch einmal einen kleinen Blick auf den Status Quo der fokussiert intragenerationellen Umverteilung, wie sie aktuell weltweit gepflegt wird. Dazu muss man sich zunächst einen groben Überblick über die verschiedenen Ausgestaltungen und Möglichkeiten des gängigen innergesellschaftlichen Umverteilungsmechanismus, also des Steuersystems, verschaffen. Es reicht dabei zu bemerken, dass es zwei große Gruppen von Steuern gibt. Die Ertragsteuern auf der einen und die Verkehrs- und Verbrauchssteuern auf der anderen Seite. Ertragsteuern besteuern vereinfacht gesagt einen gewissen erwirtschafteten Betrag, sei es durch ein Angestelltenverhältnis, eine selbstständige Tätigkeit oder eine vergleichbare Ertragserzielung. Beispiele für Ertragsteuern sind die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer oder auch die Gewerbesteuer. Verkehrssteuern hingegen besteuern bestimmte Aktionen im wirtschaftlichen Verkehr, wobei mit „wirtschaftliche Verkehr“ primär ein Zahlungs- oder Güterstrom gemeint ist. Auslöser der Besteuerung ist demnach, ganz stupide ausgedrückt, ein Vorgang und kein Ergebnis. Beispiele für Verkehrssteuern sind die Umsatzsteuer, die Mineralölsteuer, die Schenkungs- und natürlich auch die Erbschaftssteuer. Beide Steuergruppen tragen auf ihre Weise zur Umverteilung bei und sind, ihrem Wesen als Steuer gemäß, prinzipiell nicht zweckgebunden. Betrachtet man genauer was auf Seiten des Steuersubjekts besteuert wird, so belasten Ertragsteuern auf der einen Seite den Besteuerten in Bezug auf seine erbrachte Leistung und Verkehrssteuern in Bezug auf seinen Konsum oder einen Vermögensübergang. Im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit ist eine allgemeine, adäquate und ausgewogene Besteuerung des Konsums unbedenklich und wird dementsprechend nur sehr hintergründig eine Rolle spielen. Speziell eine Besteuerung von nicht existenzrelevanten Gütern und Dienstleistungen, also eine sogenannte Luxusbesteuerung, ist grundsätzlich unproblematisch solange sie keine konjunkturellen Verwerfungen bedingt.
Zieht man nun die Gerechtigkeitsperspektive heran, so sind speziell die hohen Einkommensteuersätze sowie die Erbschaftsteuer interessant. Beide Steuern bieten sehr viele Ansatzpunkte für Diskussion und Reibung und führen nicht selten zu Debatten über Gerechtigkeit. Beginnen wir mit der Einkommensteuer denn hier ist der Fall relativ einfach. Diejenigen die eine Leistung erbringen empfinden eine Besteuerung ungerecht. Nicht absolut aber eine über eine bestimmte Grenze, bis zu der eine Besteuerung ob der wahrgenommenen Besteuerungslogik Sinn macht, hinausgehende Besteuerung wird als negativ wahrgenommen und hat dadurch mitunter auch eine leichte negative Anreizwirkung auf die Leistungserbringung. Dies betrifft insbesondere den Grenznutzen der Leistungserbringung in der deutschen Progressionsbesteuerung aber auch mit einem sehr hohen, pauschalisierten Steuersatz besteuerte Erträge. Dennoch gibt es, durchaus und speziell aufgrund eines Mangels an Alternativen begründet, gewichtige Gegenargumente. So ist eine leistungsbezogene Besteuerung durchaus sinnhaft, denn wer mehr leisten kann muss auch, solange die Bedingung gilt, dass zusätzliche Leistung nicht komplett abgeschöpft wird, mehr leisten. So funktioniert eine gerechte Gesellschaft in den meisten, heute implementierten Fällen. Wer hier anders argumentiert muss sich bewusst sein, dass er sich prinzipiell gegen Gerechtigkeit entscheidet, denn ob sich eine sozial gerechte Gesellschaft daran bemessen kann, die Leistung eines Krankenpflegers oder einer Bäckerin unter jene eines Bankdirektors zu stellen ist fraglich. Denn um das noch einmal klar zu sagen, Leistung meint hier Entlohnung, also Leistung aus Steuersicht und nicht Leistung i.e.S. Da es hier aber nicht weiter um leistungsadäquate Entlohnung gehen soll wird auf eine weitere Betrachtung dieser Thematik verzichtet.
Bei der Erbschaftsteuer beginnt hingegen die volle Wirkung unserer kulturellen Prägung zur Entfaltung zu kommen. Der Disput über Gerechtigkeit ist hier nämlich eigentlich dermaßen absurd, dass es schon sehr verwundert, wie stark die Position jener ist, die argumentieren es sei unfair, dass der Vermögensübergang von einem Individuum, im Falle dessen Todes, auf einen anderen überhaupt besteuert wird und dann auch noch so hoch. Man muss sich hier einmal eines wichtigen Mittels jeglicher Analyse bedienen, der Objektivität. Tut man dies, so kommt man schnell zu zwei Punkten. Erstens dem Umstand einer ungerecht hohen Besteuerung und zweitens zu der Frage, inwieweit das zu besteuernde Ergebnis, respektive der zu besteuernde Vorgang, gegenüber dem Bedürfnis nach und dem daraus abgeleiteten Anspruch auf eine innergesellschaftliche Umverteilung exponiert ist.
Diese beiden Punkte stehen naturgemäß ebenfalls in einem Spannungsverhältnis. Betrachten wir zunächst die Beispiele einer Ertrags- sowie einer Verkehrssteuer. Bei der Einkommensteuer als Ertragsteuer wirkt die Auswirkung einer (zumindest empfunden) ungerecht hohen Steuer trivial. Mit steigender Steuerbelastung steigt der Anreiz die Erträge gar nicht zu versteuern. Es bilden sich graue Märkte und die realisierten Steuererträge des Staates sinken mit einem steigenden Steuersatz. Dies ist plausibel. Nimmt man zum Beispiel einen Steuersatz von 100% so ist eine Summe an versteuerten Einkommen von 0 Euro zu erwarten. Das Ergebnis der Nichtleistung steht für den Leistenden also dem Ergebnis der Leistung gleich. Im Falle einer Verkehrsteuer, wie der Umsatzsteuer zeigt sich ein anderes Bild: Die Steuer hat grundsätzlich eine andere Wirkung. Steuersätze von über 100% Prozent sind möglich und solange der Steuersatz einheitlich gilt, bestimmt er lediglich das Preisniveau und den Steueranteil am privaten Konsum. Verbrauchsteuern sind oft sogenannte Pigou-Steuern und erfüllen einen Lenkungszweck.
Kommt man zurück zur Erbschaftssteuer, welche, im Rahmen der weiteren Überlegungen, als Verkehrssteuer eingeordnet wird. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer ist die Erbschaftssteuer eine Substanzsteuer, im Gegensatz zur Einkommensteuer ist sie aperiodisch. Als eine ungerecht hohe Besteuerung werden hier in der Regel bereits Sätze von 10-15% angesehen. Dieser Umstand ist vorwiegend kultureller Natur. Die Erbschaft selbst stellt das Residuum der Lebensleistung addiert zum selbst ererbten Vermögen, zuzüglich daraus derivativer Kapitalerträge, dar. Die Erbschaftssteuer ist der Verteilungsschlüssel der Aufteilung dieses Residuums zwischen den Erben und der Gesellschaft (mittelbar über den Staat; Probleme der staatlichen Effizienz bleiben vorerst ohne Betrachtung). Hier stellt sich nun die Frage welche Aufteilung ist sozial, also gesamtgesellschaftlich, gerecht.
Wägt man nun eine Erhöhung der Einkommensteuer gegen eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ab, so muss man, auch unter Berücksichtigung der beschriebenen Logik der Gerechtigkeit von Besteuerung, zu dem Ergebnis kommen, dass eine Erhöhung der Erbschaftssteuer eindeutig gegenüber einer Erhöhung der Einkommensteuer vorzuziehen ist, da letzte nicht die Leistung des Leistungserbringers besteuert, sondern den leistungsunabhängigen, mitunter willkürlichen Vermögenszuwachs eines, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, Nichtleistenden. Ich würde dabei sogar so weit gehen, dass eine Erhöhung der Erbschaftsteuer zu Gunsten einer Einkommensteuersenkung, bei gleichbleibendem Gesamtsteuerertrag, kardinal vorrangig ist. Dies gilt auch noch bei einem Erbschaftssteuersatz von 100% abzüglich gewisser Entschädigungen für erbrachte Dienste (insofern nicht bereits adäquat abgegolten) sowie eines gewissen Freibetrags, welcher vor prekären Situationen und der Nichtberücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen schützen soll. Spinnt man diesen Gedanken nun zu Ende, so gelangt man zu dem Schluss, dass eine gerechte Situation vorsehen muss, dass der Nichtleistende von vorne herein keinen Erbanspruch besitzt und es demnach auch keinen Grund zur Besteuerung gibt. Dass wir nicht in einer Gesellschaft leben, in welcher das Nichtbestehen dieses Anspruches der Status Quo ist, stellt die kulturelle Problematik einer gerechteren, intergenerationellen Umverteilungspolitik dar.
Der erste Hauptsatz der intergenerationell-umverteilungsorientierten sozialen Gerechtigkeit ist folglich:
Die Besteuerung von willkürlichem Vermögenszuwachs und Allokationsentscheidungen ist einer Besteuerung von Leistung kardinal vorzuziehen.
Der zweite Hauptsatz wiederum lautet:
Ist eine Besteuerung von 100% einer Substanz objektiv gerecht, so ist das Nicht-Bestehen eines Anspruches auf selbige von vorneherein logisch und eine dementsprechende Regelung alternativlos.

Nachteile:

Natürlich gibt es, wie bei jedem politökonomischen System, auch kritische Punkte und zu überwindende Nachteile bei dem vorgeschlagenen System. Diese sind zwar teilweise systemimmanent, jedoch keinesfalls gravierender als die Nachteile und Probleme der bestehenden und vergangenen Systeme, lediglich von ungewohnterer Natur. Man kann hier wieder zwei Arten von Problemen unterscheiden. Die Transition zwischen dem bestehenden und dem neuen System betreffende Probleme (wechselbedingte Probleme) auf der einen, und systemimmanente Probleme (operative Probleme) auf der anderen Seite. Ein Beispiel für ein wechselbedingtes Problem ist, neben den massiven kulturellen Umstellungen, die Masse an weitrechenden notwendigen Änderungen bei wirtschaftlichen und speziell juristischen Strukturen. Da eine Erörterung dieser Problematiken jedoch keinen Einblick in die Wirkungsweisen eines eingeführten, intergenerationell umverteilenden Systems gibt, soll im Rahmen dieser Ausführungen zunächst auf weitere diesbezügliche Erläuterungen verzichtet werden.
Die operativen Problemstellungen sind weit interessanter. Schließlich betreffen diese die laufenden, systemimmanenten Einschränkungen, Friktionen sowie Missbrauchsmöglichkeiten des Systems nach einer vollständigen Implementierung.

Systemimmanente Einschränkungen:
Zunächst sind da also die zu beachtenden systemischen Einschränkungen und Reibungspunkte. In dieser Gruppe müssen zur Wahrung einer ausgewogenen Darstellung besonders vier Punkte angesprochen werden.
Zunächst ist es wichtig zu sehen, dass heute übliche Strukturen wie Familienunternehmen nicht mehr ohne weiteres existieren könnten und falls doch, dann nur ein einem ehr kleinen, nicht-expansiven Maßstab. De Facto würde diese Unternehmensgattung also vermutlich in ihrer bekannten Form aussterben. Vielmehr müsste ohnehin ein Wandel beim Aufbau von Unternehmen hin zu einem sehr großen Anteil öffentlich gehandelter Gesellschaften stattfinden. Nur so können die nötigen Vermögensumschichtungen ausreichend effizient abgewickelt werden. Für Nostalgiker mag dieses Problem gravierend sein, in Wahrheit ist es aber erneut nur kulturell beziehungsweise historisch. Eine funktionierende Geschäftswelt mit fast ausschließlich öffentlich generiertem Eigenkapital ist nicht nur vorstellbar sondern auch umsetzbar.
Eine zweite Einschränkung findet sich in der neuen staatlichen Aufgabe der zeitnahen Wiederprivatisierung von zugeflossenen Anlagevermögen. Dies ist nötig um eine langfristige Tendenz zu eine staatszentrierten Wirtschaft mit einer Vielzahl an staatlich kontrollierten Betrieben zu verhindern und eine effizienten Gesamtwirtschaft zu erhalten. Das größte Problem bei einer Verpflichtung des Staates, bzw. des neu zu schaffenden zuständigen Staatsorgans für diesen Zweck, zur Reprivatisierung ist der Einfluss von marktseitigen Zyklen und damit verbundenen Preisschwankungen. Ignoriert man dieses Problem, so könnten durch große, zwangsweise Verkäufe, speziell in Rezessionsphasen, die Zyklizität des Marktes und die damit verbundenen Problem verstärken. Man muss dem staatlichen Organ hier also einen gewissen Spielraum lassen. Ist dieser jedoch zu groß, so kann es auch hier zu großen Problemen, gerade im Bereich der staatlichen Einflussnahme oder auch des Entstehens von spezifischen Transaktionskosten der langen Übergangszeit. Die richtige Abwägung zwischen zeitnaher Privatisierungspflicht und sinnvollen Spielräumen ist demnach ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
Ein heute nicht ganz unbekanntes, aber in einem System intergenerationeller Umverteilung verstärkt zu erwartendes, Phänomen ist die Manifestation nicht-personeller, kapitalseitiger Machtgefüge. Vereinfacht gesagt ist zu erwarten, dass die Akkumulation von Kapital in Konzernen noch einmal deutlich zunehmen würde und, obgleich diese juristischen Personen von stärker wechselnden Kapitalgebern gehalten würden, ihre Macht als Organisation auch über die Zeit konstant beibehalten würde. Wie gesagt ist dieses Problem heute auch schon präsent und durch die Möglichkeit der langfristigen Kontrolle der Konzerne durch verbundene Privatpersonen sogar noch problematischer einzuschätzen. Dennoch ist die Möglichkeit einer durch Superkonzerne maßgeblich kontrollierten Wirtschaft zu erwähnen und als kritischer Punkt unbedingt zu beachten. Eventuell ist ab einer bestimmten Größe hier also eine klassische Zerschlagungspolitik das Mittel der Wahl.
Zuletzt ist noch das Problem der Notwendigkeit von Globalität zu nennen. Hier ist die Situation ganz einfach. Ist das System nicht global implementiert, so werden Personen mit Kapital das Land verlassen, entweder sofort oder nachdem sie das System zum Aufbau ihres Vermögens benutzt haben. Diese Einschränkung ist zwar massiv aber sobald sie erfüllt ist nicht mehr in behindernder Art von Bedeutung. Es geht hier also in gewissen Maße entfernt auch nur um eine Art Transaktionskostenproblem.

Missbrauchsmöglichkeiten:
Im operativen Geschehen birgt das System aber auch, ebenso wie nahezu jedes bekannte System, einige beachtenswerte Missbrauchsmöglichkeiten. Speziell zu nennen sind hier staatsseitige und privatseitige Anfälligkeiten.
Auf Seiten der staatlichen Verwaltung gibt es natürlich durch die hohe Verantwortung, die der Staats- bzw. Finanzverwaltung bei der Vermögenstransition obliegt, eine noch größere Anfälligkeit für Korruption als in anderen Systemen. Die Erfordernis eines funktionierenden und durch diverse Kontrollmechanismen gekennzeichneten Verwaltungsapparats ist also obligatorisch für nachhaltigen Erfolg.
Auf Seiten der privaten Missbrauchsmöglichkeiten sehe Ich besonders ein heikles Phänomen, die illegale Vermögensübertragung. Dieser Begriff beschreibt eine Quasi-Steuerhinterziehung im weiteren Sinn und unter Beachtung der Implikationen einer intergenerationellen Umverteilung, eine Steuerhinterziehung im eigentlichen Sinn. Denn logischerweise müsste man als Konsequenz der neuen Regelung für die Aufteilung des Residualvermögens eines Verstorbenen auch Vermögensübergänge vor dem Ableben der Bürger neu regeln. Das heißt Schenkungen von nennenswerten Vermögensgegenständen oder gar Barvermögen müssen untersagt sein um Umgehungstatbestände zu verhindern. Investitionen in Güter und Dienstleistungen, die keine Vermögensgegenstände im weiteren Sinn darstellen, beispielsweise Bildung, zugunsten anderer sind aber logischerweise unbedenklich.
Das Gute an den Problemen der Missbrauchsmöglichkeiten ist, dass sie in ihrem Wesen ebenfalls friktionell sind, also nicht originäre Systemprobleme sondern vielmehr individuelle und z.T. situative Anfälligkeiten darstellen.

Vorteile:

Kommen wir nun zu den Vorteilen des hypothetischen Systems einer intergenerationellen Umverteilung, das wir soeben erdacht haben. Die Vorteile sind dabei weit wesentlicher und weniger punktuell als der Großteil der beschriebenen Nachteile. Dabei kann man gut zwischen vier großen vorteilhaften Aspekten differenzieren.

Allgemeiner Zuwachs an sozialer Gerechtigkeit:
Dieser Punkt ist besonders schnell erklärt und doch dabei so fundamental wichtig. Mehr Umverteilung bedeutet immer mehr Potenziale für soziale Gerechtigkeit. Insofern man eine mögliche Korruptionsproblematik kontrollieren kann bedeutet mehr Umverteilung auch faktisch eine größere soziale Gerechtigkeit. Da das Problem der negativen Anreizwirkung fiskalischer Umverteilung nicht mehr vorliegt kann durch dieses System erstmals ausreichend umverteilt werden, ohne dabei die wirtschaftliche Kraft der Volkswirtschaft zu bedrohen. Der Staat hat genug Mittel für die soziale Absicherung, Bildungs- und Strukturpolitik. Dennoch wird niemandem etwas von dem weggenommen, das er sich selbst erarbeitet hat.

Verringerung fiskalisch begründeter Demotivationswirkungen:
Ebenso zu beachten ist, dass, neben einer besseren Finanzierung der staatlichen Haushalte, auch eine Reduktion von Ertragsteuern möglich wird. So wäre es beispielsweise möglich erheblich einfachere Steuersysteme einzuführen, da die Bedeutung für die Staatsfinanzierung deutlich geringer ausfällt. Denkbar wäre beispielsweise eine Flat-Tex von 20-30 Prozent bei der Einkommensteuer. Man würde dadurch sowohl hohe Spitzensteuersätze vermeiden können, als auch ungerechte Phänomene wie eine kalte Progression beseitigen können. Diskussionen über Vermögenssteuern während des Lebens würden ohnehin völlig obsolet.

Veränderte Verhaltensanreize im Investitions- und Konsumprofil:
Hinsichtlich des Verhaltens der Erwerbspersonen selbst ist mit einer positiven Veränderung zu rechnen. Denn wenn man die kulturell bedingte Verhaltensimplikation der Vermögensweitergabe eliminiert, werden die Individuen ihr persönliches Investitions- und Konsumverhalten für ihre eigene Lebenszeit optimieren. Unabhängig davon, dass diese Lebenszeit eine nicht immer vorhersehbare Variable ist, sollte mit einer signifikant erhöhten Konsumneigung zu rechnen sein. Sprich, die Menschen werden mehr Geld für sich selbst ausgeben und eher mittelfristige Investitionsstile an den Tag legen. Zudem ist mit einer höheren allgemeinen Investitionsneigung in immaterielle Güter zu rechnen. Paradebeispiel wäre wohl die Bildung der eigenen Nachkommen oder vergleichbar abhängiger Personen.

Langfristige Stabilität:
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der hohen langfristigen Stabilität eines solchen intergenerationell umverteilenden Systems, ohne strukturelle Veränderungen der innergesellschaftlichen Makroverhältnisse (Vermögensverteilung, Zugang zu öffentlichen Gütern, allgemeiner Einfluss auf Entscheidungen). Diese Stabilität kann von den bekannten Systemen bekanntlich nicht erreicht werden. Kommunistische Systeme kollabieren notwendigerweise wirtschaftlich, herkömmlich umverteilende kapitalistische Systeme kollabieren zwar nicht, führen aber zu divergierenden sozialen Verhältnissen.

Fazit:


Wie bei komplexen Ansätzen üblich gibt es auch bei einem System intergenerationeller Umverteilung neben Vorteilen auch verschiedene Probleme.
Zudem ist zu sehen, dass die eben abgeschlossene Betrachtung höchstens in ferner Zukunft realisierbar sein wird. Zu groß sind die kulturellen Manifeste in den Köpfen der Menschen, die zudem in modernen Demokratien auch noch mitentscheiden. Hinzu kommen die massiven Wechselkosten. Beide Punkte machen einen ausreichend umfassenden Wechsel ohne Revolution undenkbar, und wer möchte schon eine Revolution.
Dennoch muss abschließend festgestellt werden, dass, wenn es gelänge das System zu implementieren und die kulturelle Prägung der Menschen zu überwinden bzw. umzuprägen, ein nicht nur umsetzbares und stabiles sondern vielmehr auch noch objektiv deutlich gerechteres System wäre. Zentrale soziale Probleme der heutigen sozialen Marktwirtschaften wären überwunden. Ein weiterer Schritt weg von Aristokratie, Brot und Spielen.


Zuletzt ist es noch wichtig anzumerken, dass Gerechtigkeit, eigentlich ein stark objektiver Wert oder Zustand, von jedem Individuum subjektiv wahrgenommen und eingeschätzt wird. Daher ist auch in einem objektiv gerechteren System davon auszugehen, dass die mikrokosmische Wahrnehmung ein differenzierteres Bild von Gerechtigkeiten zeichnet. Die Wertung dieser individuellen Einschätzungen geht indes tief in (gruppen-)psychologische Bereiche und muss daher von anderen spezieller beantwortet werden. Dies betrifft unter anderem die Frage, in welchem Ausmaß Menschen in einer objektiv gerechten Welt Kenntnis über die Objektivität dieser Gerechtigkeit haben möchten.

Permalink (0 Kommentare)   Kommentieren



... ältere Einträge