Brief comment: Why there is no contradiction in simultaneously being xenophilic and religiophobic
bobloblaw, Mittwoch, 21. Dezember 2016, 14:59
Being against religious people, or people of some specific religion is one thing.
Yet it is very much necessary to differentiate this kind of attitude from general xenophobia.
Though widely believed and recognized, these two concepts in their pure form are completely different and in no way to be compared in terms of morality.
As argued in "Die Geißeln der Menschheit" (https://savemybluths.blogger.de/stories/2615555 ; only in German I'm afraid), religion is the concept of institutionalized faith inevitably leading to exclusion and emphasis of more or less random features systematically differentiating the religious in-group from all others. This, in almost every case known, conditions suppression of minorities including full-scale xenophobia. Therefore, religion is fascism and needs to be dealt with accordingly. Plus having a religion is a subjective choice, not an objective characteristic.
So being religiophobic is a progressive view, that stands for human rights, basic liberties and the social development of an improvement-oriented society.
Meanwhile being xenophobic means the deployment of misguided hatred based on objective characteristics. There is no point in being xenophobic other than being an awful person.
Understanding these differences let's one realize that being religiophobic is actually a pretty related concept to being xenophilic.
As for a more applicable and current context. There simply is no problem in not wanting one single Muslim refugee in one's own sphere of life. However, this is only true as long as two important restrictions are met:
1) This rejection is not motivated by one's own religion
and
2) One does not oppose non-religious refugees, independent of other objective characteristics
This differentiation is important as at present it is not commonly adopted in any discussion. However, it is actually the core of the problem. What a pity those who should do not notice or care and leave the field to xenophobic fascist parties and their leading demagogues.
Happy winter solstice to you all.
Yet it is very much necessary to differentiate this kind of attitude from general xenophobia.
Though widely believed and recognized, these two concepts in their pure form are completely different and in no way to be compared in terms of morality.
As argued in "Die Geißeln der Menschheit" (https://savemybluths.blogger.de/stories/2615555 ; only in German I'm afraid), religion is the concept of institutionalized faith inevitably leading to exclusion and emphasis of more or less random features systematically differentiating the religious in-group from all others. This, in almost every case known, conditions suppression of minorities including full-scale xenophobia. Therefore, religion is fascism and needs to be dealt with accordingly. Plus having a religion is a subjective choice, not an objective characteristic.
So being religiophobic is a progressive view, that stands for human rights, basic liberties and the social development of an improvement-oriented society.
Meanwhile being xenophobic means the deployment of misguided hatred based on objective characteristics. There is no point in being xenophobic other than being an awful person.
Understanding these differences let's one realize that being religiophobic is actually a pretty related concept to being xenophilic.
As for a more applicable and current context. There simply is no problem in not wanting one single Muslim refugee in one's own sphere of life. However, this is only true as long as two important restrictions are met:
1) This rejection is not motivated by one's own religion
and
2) One does not oppose non-religious refugees, independent of other objective characteristics
This differentiation is important as at present it is not commonly adopted in any discussion. However, it is actually the core of the problem. What a pity those who should do not notice or care and leave the field to xenophobic fascist parties and their leading demagogues.
Happy winter solstice to you all.
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Reduktive Objektivität - Ein Gegenansatz zur paradigmengetriebenen Entscheidungsfindung
bobloblaw, Dienstag, 29. November 2016, 00:15
Kapitel I: Logik
Was ist Logik?
Diese Frage ist zentraler und weniger trivial als sie zunächst erscheinen mag.
Denn nur, wenn wir verstehen was Logik ist, so können wir uns überhaupt erst befähigt sehen sie zu verwenden, und das auch in angemessener Art und Weise zu tun.
Logik ist zunächst eine Methode zur Lösung eines Problems im Sinne einer kognitiven, meist komplexeren Fragestellung. Im weitesten Kontext also eine Art Algorithmus, vergleichbar mit einem allgemeinen Bauplan. Und dies ist bereits die wichtigste Erkenntnis. Logik ist nicht mehr und nicht weniger als ein Weg zu einer Lösung oder einem gewissen Lösungsraum von nach der Methode akzeptablen Lösungen. Eine jede Logik basiert aber auch auf Annahmen und folgt in der Regel einem prädefinierten, übergeordneten Paradigma, entlang derer ein Sachverhalt oder ein Verhalten daraufhin untersucht und abgeglichen wird, ob er der entsprechenden Logik folgt. Variiert man die Prämissen, so erhält man eine andere Definition dafür, was in dem entsprechenden Kontext logisch ist und was nicht. Es gibt also eine Vielzahl an Logiken und, noch viel wichtiger, eine Logik kann falsch sein. Logik kann folglich niemals mehr sein als eine Methode zur Lösung von einfachen Fragestellungen, schon gar nicht Entscheidungskriterium für elementar wichtige Entscheidungen. Ihre Eignung dafür übertrifft dabei nicht jene des gemeinen Vorurteils.
Kapitel II: Lösung und Lösungsraum
Erneut steht eine Frage am Anfang des Kapitels.
Was ist eine Lösung?
Eine Lösung ist einfach nur eine mögliche Antwort auf ein Problem, wodurch das Problem im Endeffekt seine Interpretation als Problem verliert und dafür eine neue Interpretation als operationaler Zusammenhang gewinnt. Dabei bedeutet aber das Vorliegen eines Problems ohne Lösung keineswegs, dass es keine Lösung gibt, zumindest nicht notwendigerweise. Und es wird noch komplizierter, erneut mit einer Frage.
Was ist ein Lösungsraum?
Ein Lösungsraum ist die Summe aller Lösungen für ein Problem. Dabei kann man theoretisch eine Einschränkung hinsichtlich des Einbezugs noch nicht gefundener Lösungen vornehmen, das ist aber gar nicht nötig und vielleicht sogar schädlich. Speziell dann, wenn man den Lösungsraum für ein Individuum angeben will und nicht für die gesamte Menschheit.
Genau hier liegt dann auch das Problem bei der Lösungsbetrachtung. Die meisten Individuen grenzen ihren eigenen Lösungsraum für sich selbst ein. Dabei fallen nicht nur gefundene Lösungen anderer Individuen heraus, sondern ebenfalls jene Lösungen, die das Individuum anhand seiner Informationsausstattung selbst hätte finden können, jedoch anhand falscher Beschränkungen des privaten Lösungsraumes von vorneherein übergeht.
Dadurch wird das Denken beschränkt. Das Individuum beschränkt sich also selbst in der Reichweite seines eigenen Verstandes. In der Regel geschieht dies, da schlechte Lösungen gar nicht erst einer Betrachtung unterzogen, sondern vielmehr anhand des Unterlassens bestimmter Gedankengänge, aufgrund gewählter persönlicher Prämissen, bereits bei der Grobselektion verworfen werden. Doch kann man ein Problem nur dann ausreichend erfassen und eine mögliche Lösung analysieren, wenn man die maximal mögliche Anzahl an unterschiedlichen Lösungen kennt, egal ob umsetzbar, kompliziert, gut oder schlecht.
Ein einfaches aber drastisches Beispielveranschaulicht die Situation recht adäquat. Wenn das Problem ist, dass die Hälfte der Bevölkerung Australiens eine tödliche Krankheit hat, man aber nicht herausfinden kann, welche einzelnen Personen es sind, da die Inkubationszeit, während der aber bereits Ansteckungsgefahr besteht, sehr lange ist. Wie soll dann die restliche Menschheit davor geschützt werden? Nun wäre vermutlich das Vorschlagen einer Quarantäne für den gesamten Kontinent einer der ersten Lösungsansätze. Jedoch ist diese Lösung mit Sicherheit nicht perfekt, bei einer solch großen Zahl an Menschen wäre ein Übergreifen auf andere Gebiete nicht ausgeschlossen. Dennoch ist es eine vergleichbar passable Lösung, mit einer guten Umsetzbarkeit. Anhand dessen werden oft bestimmte Lösungen gar nicht erst in Betracht gezogen. Eine viel sicherere Lösung für den Rest der Welt, also besser hinsichtlich der Zielsetzung „Lösung des Problems“, wäre die komplette Auslöschung der kontinentalen Bevölkerung mit nuklearen Waffen, die überdies noch weitere, in der Natur vorkommende Keimquellen ausschalten würden.
Selbstverständlich ist diese Lösung schlecht.
Sie ist nicht nur unmenschlich, sondern geht auch mit unfassbar hohen und unverhältnismäßigen Exposition gegenüber Kollateralschäden einher. Dennoch ist es eine Lösung im Lösungsraum und sie gar nicht erst durchzudenken setzt dem Verstand grenzen, die nicht nötig und oft auch sehr hinderlich sind. Dies bekommt vor allem dann Gewicht, wenn man diese Erkenntnis auf das allgemeine Problemlösungsverhalten der Menschen überträgt.
Kapitel III: Objektivität
Und erneut: Was ist Objektivität?
Objektivität ist jene Betrachtungsebene, die frei von jeglichem subjektiven Einfluss ist. Auf ihr basierende Ergebnisse sind, unabhängig von diesen, von allgemeingültigen Charakter.
Doch damit ist sie eine Quasi-Utopie. Denn es ist von höchster Schwierigkeit zu differenzieren, was subjektiv ist und was nicht. Schließlich sind auch gängige, einer objektiven Denkweise zugerechnete, Leitbilder, wie die Vernunft, entweder anfällig für eine Subjektivierung oder gar von subjektivem Ursprung.
Man erkennt bereits die Schwierigkeit bei der Wahrung der Objektivität. Sie erfordert ein hohes Maß an Hingabe und kognitive Kapazität um nicht dem Trugschluss einer falschen Objektivität zu erliegen.
Dennoch ist die Macht der objektiven Problemlösung und Fallbetrachtung groß. Objektiv gefundene Lösungen und Antworten unterliegen keiner zeitlichen, kulturellen oder situationsgetriebenen Vergänglichkeit. Ihre Richtigkeit ist (nahezu) absolut. Lediglich vor dem Irrtum, als Ausdruck menschlicher Unvollkommenheit beim Denkprozess, ist keine Form der menschlichen Entscheidungsfindung gefeit.
Besonders deutlich wird die Stärke der Objektivität als Entscheidungskriterium, wenn man ein Beispiel betrachtet: Person A verurteilt Person B mit Eigenschaft X aufgrund eigener (subjektiver) Maßstäbe, die den aktuellen Status Quo der gesellschaftlichen Werte, nämlich eine faktische Schlechterstellung bezüglich Eigenschaft X, widerspiegeln. Person B klagt diese Situation an und fordert eine Umorientierung der gesamten Gesellschaft und folglich das Ende der objektiv falschen Ungleichbehandlung. Person A wiederum wirft Person B vor, diese Forderung nur zu stellen, da deren Folgen im subjektiven Interesse von Person B lägen. Die Argumentation ist folglich, dass die Richtigkeit des Status Quo nur deshalb angegriffen wird, weil situativ subjektive Umstände bei einer Teilmenge vorliegen. Darin zeigt sich die Perversion der Subjektivität oder vielmehr der kulturellen Manifestation subjektiver Prägung. Die faktisch inhaltliche Entfernung des Status Quo von sowie die relative Nähe der Herausfordernden Position zur objektiven Position, bestimmen die subjektive Interpretation der beurteilenden Individuen hinsichtlich der Situation.
Aber: Wenn etwas objektiv richtig ist, spielen subjektive Tatbestände keine Rolle. Völlig unabhängig von der Nutzenattribution des, durch die Objektivität zwingend gewordenen, Handlungsrahmens. Die Benachteiligung von B ist falsch, die Umorientierung zur objektiv korrekten Lösung ist richtig, unabhängig von der Person des Kritikers oder der Mengenverhältnisse derer, die durch eine Neuregelung profitieren zu denjenigen, die bei Beibehaltung des Status Quo bessergestellt bleiben würden. Die Objektivität als Maßstab ist folglich robust gegen das Konzept der Mehrheitsmeinung.
Kapitel 4: Denken
Der Fehler, den Person A im dargelegten Beispiel begeht, ist allgegenwärtig, denn die meisten Menschen legen hier das übliche Denkmuster des Menschen an den Tag. Die Entscheidungsfindung anhand von Paradigmen und Prämissen (auf Makroebene), also vordefinierter Entscheidungen für bestimmte Situationen und Fragenstellungen. Das klassische Schubladendenken. Wenn man es so einfach (und nicht ganz präzise) sagen will.
Diese Art zu denken ist praktisch und sinnvoll. Der Mensch hat nicht ohne Grund gelernt auf diese Art Entscheidungen zu treffen. Wiederholt auftretende Entscheidungsprobleme werden automatisiert, die kognitive Auslastung des Gehirns wird von unnötigen Prozessen befreit und der Verstand im Allgemeinen entlastet. Das ist ein sehr gut funktionierender Algorithmus. Exzellent geeignet, wenn es darum geht ob man eine Farbe schön findet oder gern auf Wochenmärkte geht, bzw. wenn man den einen, noch unbekannten Wochenmarkt nicht mag, weil man einen gänzlich anderen nervig fand. Problematisch wird es, und ist es faktisch in unseren heutigen Gesellschaften, wenn die Menschen dieses Schema aus dem Alltag in jene Ebenen tragen, die elementar wichtige Fragestellungen enthalten. Plötzlich wird aus bequem gefährlich und aus richtig falsch. Das Problem ist, dass unsere aktuelle Welt dermaßen voll und überladen an, teilweise sehr alten, Prämissen und Paradigmen ist, dass es teilweise schon schwer fällt sie überhaupt zu erkennen. Geschweige denn sich von ihnen frei zu machen, also einen Gedankengang zu führen, der diese Prämissen und Paradigmen ignoriert, am besten gar nicht kennt. Die größte Schwierigkeit liegt jedoch darin, sich von allen falschen Voreinstellungen gleichzeitig frei zu machen und dennoch den Weitblick dafür zu behalten, dass man neue Prämissen und Orientierungspunkte, aus der Objektivität heraus, schaffen muss. Schließlich ist es langfristig nützlich gewisse Entscheidungen automatisieren zu können, nur eben nicht auf den Grundlagen, wie es heute geschieht. Eine regelmäßige Eigenkontrolle und Neudefinition der übergeordneten Prämissen ist dabei ein elementares Werkzeug im Rahmen einer ehrlichen Entscheidungsfindung.
Kapitel 5: Reduktion
Nun stellt sich noch eine Frage. Was wäre eine Art des Denkens, die dem Potenzial (und den natürlichen Grenzen) des menschlichen Intellekts gerecht werden kann?
Die polemische Antwort ist: Nicht so wie es aktuell praktisch alle tun.
Die ehrliche Antwort ist: Jeder für sich.
Denn es ist tatsächlich so, dass das für sich selbst Denken eine der größten Hürden darstellt, hin zu einer Welt mit sinnvolleren Werten und weniger unsinnigen Denkmustern und Altlasten der vergangenen Jahrtausende.
Ein sinnvoller Ansatz erscheint dabei die Reduktion zu sein. Sie ermöglicht, dass jedes Individuum für sich zu einer Entscheidung gelangt, ohne dass eine bestimmte Art des Gedankengangs oder Pfadabhängigkeiten dies behindern. Reduktion meint dabei, in diesem Zusammenhang, das Zerlegen des betrachteten Problems und das Zurückgehen zum frühesten Ursprungspunkt. Hierbei ist es durchaus üblich, dass man zur Betrachtung des Grundgerüsts eines Problems zunächst dieselbe Vorgehensweise bei einer vorgelagerten Fragestellung anwenden muss. Hier zeigt sich auch, wieso gerade auch eine reduktive Denkweise sehr anstrengend ist. Der Gedankengang erfordert Zeit und zwingt einen zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von wichtigen Fragestellungen, die zuvor oftmals einfach abgetan oder auf mittlerer oder finaler Ebene, unter Verwendung von Prämissen oder Entscheidungsschablonen, abgekürzt entschieden wurden.
Vielleicht hilft ein Beispiel dabei das eben sehr abstrakt umrissene deutlicher werden zu lassen. Betrachten wir ein sehr aktuelles und alltägliches Problem.
Sollte man Fleisch essen?
Bei dieser Fragestellung gibt es die verschiedensten Ansätze und Meinungen. Die Lösung ist in jedem Fall nicht offensichtlich, die Entscheidung weitaus weniger binär als sie auf den ersten Blick erscheint. Zudem ist diese Frage, wie die meisten alltäglichen Fragestellungen, dadurch gekennzeichnet, dass nahezu jeder eine Meinung dazu hat. Die meisten dieser Meinungen sind jedoch Ergebnis stark abgekürzter Denkprozesse und damit von eingeschränkter Validität hinsichtlich ihrer Richtigkeit und dem korrespondierenden Anspruch darauf.
Denkt man reduktiv über das Problem nach, so bemerkt man schnell, dass eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Problematik automatisch die, ebenfalls reduktive, Erörterung der Frage der Wertigkeit des Lebens von Schlachttieren und damit wiederum von Tieren im Allgemeinen bedingt. Dieses Beispiel zeigt, warum eine Fragestellung selten für sich alleine betrachtet werden kann. Weitere Fragen, die im Kontext des Beispielproblems vermutlich zu erörtern wären, sind das Verhältnis des Menschen zu seinem Körper, die Rolle des Menschen in der Natur als Ergebnis seiner evolutionären Entwicklung oder die Abstraktion des Tieres Mensch zu der Menge aller anderen Tiere hinsichtlich der Zuschreibung bestimmter Rechte oder Privilegien.
Dabei zeigt sich auch, dass es vermutlich oft nötig sein wird, bei aller Reduktion und Objektivität, einige grundlegende Prämissen festzulegen. Diese Prämissen sind dabei natürlich nicht immer alle bei jeder Fragestellung relevant und vor allem werden sie individuell von Mensch zu Mensch mehr oder minder stark unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist dabei, die Prämissen so minimalistisch und grundlegend wie möglich zu fassen. Eine mögliche und für viele Menschen mit Sicherheit wichtige Prämisse könnte sein, dass das Leben eines Menschen grundsätzlich wertvoll ist, also überhaupt Wert irgendeiner Art besitzt, ohne diesen Wert zunächst genauer zu definieren. Die ex-ante Festlegung dieses Grundgerüsts eines Prämissen-Sets, ohne dabei die Prämissen selbst reduktiv objektiv abzuleiten, ist insofern sinnvoll und wichtig, als man dadurch auf einem sehr frühen Level einen Anfangspunkt setzt und damit verhindert die eigentliche Problemlösungsorientierung durch ein Verstricken in Grundsätzlichkeiten zu ersetzen. Dennoch bleibt festzuhalten. Ein Denkansatz bei dem das reduktive Vorgehen gänzlich auf das Setzen von Basisprämissen verzichtet wäre der Logik des Ansatzes folgen am besten geeignet die eigene Entscheidungsfindung zu fundieren.
Kapitel 6: Fazit
Zusammenfassend meint reduktive Objektivität also nichts anderes als das selbstständige Denken eines Problems von seinem Ursprung aus, ohne dabei vorgefertigte Paradigmen zu bedienen oder übermäßig subjektive Parameter die Entscheidung verfälschen zu lassen. Geht man die Lösung wichtiger Probleme so an, man wird nicht nur zu neuen und teilweise verstörend differenzierten Entscheidungen über Sachverhalte gelangen, sondern auch das eigene Verhalten in bestimmten Bereichen überdenken müssen. Auch wenn es wehtut.
Was ist Logik?
Diese Frage ist zentraler und weniger trivial als sie zunächst erscheinen mag.
Denn nur, wenn wir verstehen was Logik ist, so können wir uns überhaupt erst befähigt sehen sie zu verwenden, und das auch in angemessener Art und Weise zu tun.
Logik ist zunächst eine Methode zur Lösung eines Problems im Sinne einer kognitiven, meist komplexeren Fragestellung. Im weitesten Kontext also eine Art Algorithmus, vergleichbar mit einem allgemeinen Bauplan. Und dies ist bereits die wichtigste Erkenntnis. Logik ist nicht mehr und nicht weniger als ein Weg zu einer Lösung oder einem gewissen Lösungsraum von nach der Methode akzeptablen Lösungen. Eine jede Logik basiert aber auch auf Annahmen und folgt in der Regel einem prädefinierten, übergeordneten Paradigma, entlang derer ein Sachverhalt oder ein Verhalten daraufhin untersucht und abgeglichen wird, ob er der entsprechenden Logik folgt. Variiert man die Prämissen, so erhält man eine andere Definition dafür, was in dem entsprechenden Kontext logisch ist und was nicht. Es gibt also eine Vielzahl an Logiken und, noch viel wichtiger, eine Logik kann falsch sein. Logik kann folglich niemals mehr sein als eine Methode zur Lösung von einfachen Fragestellungen, schon gar nicht Entscheidungskriterium für elementar wichtige Entscheidungen. Ihre Eignung dafür übertrifft dabei nicht jene des gemeinen Vorurteils.
Kapitel II: Lösung und Lösungsraum
Erneut steht eine Frage am Anfang des Kapitels.
Was ist eine Lösung?
Eine Lösung ist einfach nur eine mögliche Antwort auf ein Problem, wodurch das Problem im Endeffekt seine Interpretation als Problem verliert und dafür eine neue Interpretation als operationaler Zusammenhang gewinnt. Dabei bedeutet aber das Vorliegen eines Problems ohne Lösung keineswegs, dass es keine Lösung gibt, zumindest nicht notwendigerweise. Und es wird noch komplizierter, erneut mit einer Frage.
Was ist ein Lösungsraum?
Ein Lösungsraum ist die Summe aller Lösungen für ein Problem. Dabei kann man theoretisch eine Einschränkung hinsichtlich des Einbezugs noch nicht gefundener Lösungen vornehmen, das ist aber gar nicht nötig und vielleicht sogar schädlich. Speziell dann, wenn man den Lösungsraum für ein Individuum angeben will und nicht für die gesamte Menschheit.
Genau hier liegt dann auch das Problem bei der Lösungsbetrachtung. Die meisten Individuen grenzen ihren eigenen Lösungsraum für sich selbst ein. Dabei fallen nicht nur gefundene Lösungen anderer Individuen heraus, sondern ebenfalls jene Lösungen, die das Individuum anhand seiner Informationsausstattung selbst hätte finden können, jedoch anhand falscher Beschränkungen des privaten Lösungsraumes von vorneherein übergeht.
Dadurch wird das Denken beschränkt. Das Individuum beschränkt sich also selbst in der Reichweite seines eigenen Verstandes. In der Regel geschieht dies, da schlechte Lösungen gar nicht erst einer Betrachtung unterzogen, sondern vielmehr anhand des Unterlassens bestimmter Gedankengänge, aufgrund gewählter persönlicher Prämissen, bereits bei der Grobselektion verworfen werden. Doch kann man ein Problem nur dann ausreichend erfassen und eine mögliche Lösung analysieren, wenn man die maximal mögliche Anzahl an unterschiedlichen Lösungen kennt, egal ob umsetzbar, kompliziert, gut oder schlecht.
Ein einfaches aber drastisches Beispielveranschaulicht die Situation recht adäquat. Wenn das Problem ist, dass die Hälfte der Bevölkerung Australiens eine tödliche Krankheit hat, man aber nicht herausfinden kann, welche einzelnen Personen es sind, da die Inkubationszeit, während der aber bereits Ansteckungsgefahr besteht, sehr lange ist. Wie soll dann die restliche Menschheit davor geschützt werden? Nun wäre vermutlich das Vorschlagen einer Quarantäne für den gesamten Kontinent einer der ersten Lösungsansätze. Jedoch ist diese Lösung mit Sicherheit nicht perfekt, bei einer solch großen Zahl an Menschen wäre ein Übergreifen auf andere Gebiete nicht ausgeschlossen. Dennoch ist es eine vergleichbar passable Lösung, mit einer guten Umsetzbarkeit. Anhand dessen werden oft bestimmte Lösungen gar nicht erst in Betracht gezogen. Eine viel sicherere Lösung für den Rest der Welt, also besser hinsichtlich der Zielsetzung „Lösung des Problems“, wäre die komplette Auslöschung der kontinentalen Bevölkerung mit nuklearen Waffen, die überdies noch weitere, in der Natur vorkommende Keimquellen ausschalten würden.
Selbstverständlich ist diese Lösung schlecht.
Sie ist nicht nur unmenschlich, sondern geht auch mit unfassbar hohen und unverhältnismäßigen Exposition gegenüber Kollateralschäden einher. Dennoch ist es eine Lösung im Lösungsraum und sie gar nicht erst durchzudenken setzt dem Verstand grenzen, die nicht nötig und oft auch sehr hinderlich sind. Dies bekommt vor allem dann Gewicht, wenn man diese Erkenntnis auf das allgemeine Problemlösungsverhalten der Menschen überträgt.
Kapitel III: Objektivität
Und erneut: Was ist Objektivität?
Objektivität ist jene Betrachtungsebene, die frei von jeglichem subjektiven Einfluss ist. Auf ihr basierende Ergebnisse sind, unabhängig von diesen, von allgemeingültigen Charakter.
Doch damit ist sie eine Quasi-Utopie. Denn es ist von höchster Schwierigkeit zu differenzieren, was subjektiv ist und was nicht. Schließlich sind auch gängige, einer objektiven Denkweise zugerechnete, Leitbilder, wie die Vernunft, entweder anfällig für eine Subjektivierung oder gar von subjektivem Ursprung.
Man erkennt bereits die Schwierigkeit bei der Wahrung der Objektivität. Sie erfordert ein hohes Maß an Hingabe und kognitive Kapazität um nicht dem Trugschluss einer falschen Objektivität zu erliegen.
Dennoch ist die Macht der objektiven Problemlösung und Fallbetrachtung groß. Objektiv gefundene Lösungen und Antworten unterliegen keiner zeitlichen, kulturellen oder situationsgetriebenen Vergänglichkeit. Ihre Richtigkeit ist (nahezu) absolut. Lediglich vor dem Irrtum, als Ausdruck menschlicher Unvollkommenheit beim Denkprozess, ist keine Form der menschlichen Entscheidungsfindung gefeit.
Besonders deutlich wird die Stärke der Objektivität als Entscheidungskriterium, wenn man ein Beispiel betrachtet: Person A verurteilt Person B mit Eigenschaft X aufgrund eigener (subjektiver) Maßstäbe, die den aktuellen Status Quo der gesellschaftlichen Werte, nämlich eine faktische Schlechterstellung bezüglich Eigenschaft X, widerspiegeln. Person B klagt diese Situation an und fordert eine Umorientierung der gesamten Gesellschaft und folglich das Ende der objektiv falschen Ungleichbehandlung. Person A wiederum wirft Person B vor, diese Forderung nur zu stellen, da deren Folgen im subjektiven Interesse von Person B lägen. Die Argumentation ist folglich, dass die Richtigkeit des Status Quo nur deshalb angegriffen wird, weil situativ subjektive Umstände bei einer Teilmenge vorliegen. Darin zeigt sich die Perversion der Subjektivität oder vielmehr der kulturellen Manifestation subjektiver Prägung. Die faktisch inhaltliche Entfernung des Status Quo von sowie die relative Nähe der Herausfordernden Position zur objektiven Position, bestimmen die subjektive Interpretation der beurteilenden Individuen hinsichtlich der Situation.
Aber: Wenn etwas objektiv richtig ist, spielen subjektive Tatbestände keine Rolle. Völlig unabhängig von der Nutzenattribution des, durch die Objektivität zwingend gewordenen, Handlungsrahmens. Die Benachteiligung von B ist falsch, die Umorientierung zur objektiv korrekten Lösung ist richtig, unabhängig von der Person des Kritikers oder der Mengenverhältnisse derer, die durch eine Neuregelung profitieren zu denjenigen, die bei Beibehaltung des Status Quo bessergestellt bleiben würden. Die Objektivität als Maßstab ist folglich robust gegen das Konzept der Mehrheitsmeinung.
Kapitel 4: Denken
Der Fehler, den Person A im dargelegten Beispiel begeht, ist allgegenwärtig, denn die meisten Menschen legen hier das übliche Denkmuster des Menschen an den Tag. Die Entscheidungsfindung anhand von Paradigmen und Prämissen (auf Makroebene), also vordefinierter Entscheidungen für bestimmte Situationen und Fragenstellungen. Das klassische Schubladendenken. Wenn man es so einfach (und nicht ganz präzise) sagen will.
Diese Art zu denken ist praktisch und sinnvoll. Der Mensch hat nicht ohne Grund gelernt auf diese Art Entscheidungen zu treffen. Wiederholt auftretende Entscheidungsprobleme werden automatisiert, die kognitive Auslastung des Gehirns wird von unnötigen Prozessen befreit und der Verstand im Allgemeinen entlastet. Das ist ein sehr gut funktionierender Algorithmus. Exzellent geeignet, wenn es darum geht ob man eine Farbe schön findet oder gern auf Wochenmärkte geht, bzw. wenn man den einen, noch unbekannten Wochenmarkt nicht mag, weil man einen gänzlich anderen nervig fand. Problematisch wird es, und ist es faktisch in unseren heutigen Gesellschaften, wenn die Menschen dieses Schema aus dem Alltag in jene Ebenen tragen, die elementar wichtige Fragestellungen enthalten. Plötzlich wird aus bequem gefährlich und aus richtig falsch. Das Problem ist, dass unsere aktuelle Welt dermaßen voll und überladen an, teilweise sehr alten, Prämissen und Paradigmen ist, dass es teilweise schon schwer fällt sie überhaupt zu erkennen. Geschweige denn sich von ihnen frei zu machen, also einen Gedankengang zu führen, der diese Prämissen und Paradigmen ignoriert, am besten gar nicht kennt. Die größte Schwierigkeit liegt jedoch darin, sich von allen falschen Voreinstellungen gleichzeitig frei zu machen und dennoch den Weitblick dafür zu behalten, dass man neue Prämissen und Orientierungspunkte, aus der Objektivität heraus, schaffen muss. Schließlich ist es langfristig nützlich gewisse Entscheidungen automatisieren zu können, nur eben nicht auf den Grundlagen, wie es heute geschieht. Eine regelmäßige Eigenkontrolle und Neudefinition der übergeordneten Prämissen ist dabei ein elementares Werkzeug im Rahmen einer ehrlichen Entscheidungsfindung.
Kapitel 5: Reduktion
Nun stellt sich noch eine Frage. Was wäre eine Art des Denkens, die dem Potenzial (und den natürlichen Grenzen) des menschlichen Intellekts gerecht werden kann?
Die polemische Antwort ist: Nicht so wie es aktuell praktisch alle tun.
Die ehrliche Antwort ist: Jeder für sich.
Denn es ist tatsächlich so, dass das für sich selbst Denken eine der größten Hürden darstellt, hin zu einer Welt mit sinnvolleren Werten und weniger unsinnigen Denkmustern und Altlasten der vergangenen Jahrtausende.
Ein sinnvoller Ansatz erscheint dabei die Reduktion zu sein. Sie ermöglicht, dass jedes Individuum für sich zu einer Entscheidung gelangt, ohne dass eine bestimmte Art des Gedankengangs oder Pfadabhängigkeiten dies behindern. Reduktion meint dabei, in diesem Zusammenhang, das Zerlegen des betrachteten Problems und das Zurückgehen zum frühesten Ursprungspunkt. Hierbei ist es durchaus üblich, dass man zur Betrachtung des Grundgerüsts eines Problems zunächst dieselbe Vorgehensweise bei einer vorgelagerten Fragestellung anwenden muss. Hier zeigt sich auch, wieso gerade auch eine reduktive Denkweise sehr anstrengend ist. Der Gedankengang erfordert Zeit und zwingt einen zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von wichtigen Fragestellungen, die zuvor oftmals einfach abgetan oder auf mittlerer oder finaler Ebene, unter Verwendung von Prämissen oder Entscheidungsschablonen, abgekürzt entschieden wurden.
Vielleicht hilft ein Beispiel dabei das eben sehr abstrakt umrissene deutlicher werden zu lassen. Betrachten wir ein sehr aktuelles und alltägliches Problem.
Sollte man Fleisch essen?
Bei dieser Fragestellung gibt es die verschiedensten Ansätze und Meinungen. Die Lösung ist in jedem Fall nicht offensichtlich, die Entscheidung weitaus weniger binär als sie auf den ersten Blick erscheint. Zudem ist diese Frage, wie die meisten alltäglichen Fragestellungen, dadurch gekennzeichnet, dass nahezu jeder eine Meinung dazu hat. Die meisten dieser Meinungen sind jedoch Ergebnis stark abgekürzter Denkprozesse und damit von eingeschränkter Validität hinsichtlich ihrer Richtigkeit und dem korrespondierenden Anspruch darauf.
Denkt man reduktiv über das Problem nach, so bemerkt man schnell, dass eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit der Problematik automatisch die, ebenfalls reduktive, Erörterung der Frage der Wertigkeit des Lebens von Schlachttieren und damit wiederum von Tieren im Allgemeinen bedingt. Dieses Beispiel zeigt, warum eine Fragestellung selten für sich alleine betrachtet werden kann. Weitere Fragen, die im Kontext des Beispielproblems vermutlich zu erörtern wären, sind das Verhältnis des Menschen zu seinem Körper, die Rolle des Menschen in der Natur als Ergebnis seiner evolutionären Entwicklung oder die Abstraktion des Tieres Mensch zu der Menge aller anderen Tiere hinsichtlich der Zuschreibung bestimmter Rechte oder Privilegien.
Dabei zeigt sich auch, dass es vermutlich oft nötig sein wird, bei aller Reduktion und Objektivität, einige grundlegende Prämissen festzulegen. Diese Prämissen sind dabei natürlich nicht immer alle bei jeder Fragestellung relevant und vor allem werden sie individuell von Mensch zu Mensch mehr oder minder stark unterschiedlich ausfallen. Wichtig ist dabei, die Prämissen so minimalistisch und grundlegend wie möglich zu fassen. Eine mögliche und für viele Menschen mit Sicherheit wichtige Prämisse könnte sein, dass das Leben eines Menschen grundsätzlich wertvoll ist, also überhaupt Wert irgendeiner Art besitzt, ohne diesen Wert zunächst genauer zu definieren. Die ex-ante Festlegung dieses Grundgerüsts eines Prämissen-Sets, ohne dabei die Prämissen selbst reduktiv objektiv abzuleiten, ist insofern sinnvoll und wichtig, als man dadurch auf einem sehr frühen Level einen Anfangspunkt setzt und damit verhindert die eigentliche Problemlösungsorientierung durch ein Verstricken in Grundsätzlichkeiten zu ersetzen. Dennoch bleibt festzuhalten. Ein Denkansatz bei dem das reduktive Vorgehen gänzlich auf das Setzen von Basisprämissen verzichtet wäre der Logik des Ansatzes folgen am besten geeignet die eigene Entscheidungsfindung zu fundieren.
Kapitel 6: Fazit
Zusammenfassend meint reduktive Objektivität also nichts anderes als das selbstständige Denken eines Problems von seinem Ursprung aus, ohne dabei vorgefertigte Paradigmen zu bedienen oder übermäßig subjektive Parameter die Entscheidung verfälschen zu lassen. Geht man die Lösung wichtiger Probleme so an, man wird nicht nur zu neuen und teilweise verstörend differenzierten Entscheidungen über Sachverhalte gelangen, sondern auch das eigene Verhalten in bestimmten Bereichen überdenken müssen. Auch wenn es wehtut.
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Die Geißeln der Menschheit
bobloblaw, Dienstag, 15. November 2016, 00:23
Abschnitt 1 - Religion
Gott ist nicht tot...
Nietzsche (1888) lässt den Menschen Gott töten um ihm einen Grundaufbau neuer Werte zu ermöglichen. Der Ansatz ist dabei so brillant, dass er – speziell im historischen Kontext – eine kurze Betrachtung mehr als verdient. Gott als Metapher für die Religion zu nehmen und die Notwendigkeit einer gänzlichen Abkehr von diesem Grundwert, sowie von anderen fundamentalen Werten, zu erkennen, ist für einen Menschen des 19. Jahrhunderts herausragend. Dies wird umso deutlicher wenn man sich die Welt zur Betrachtung heranzieht. Noch immer ist die Menschheit daran gescheitert sich entscheidend weiterzuentwickeln. Dies führt uns zu dem Punkt in dem Nietzsche irrte und der den Grundfehler im Umgang mit falschen Bestandswerten aufzeigt. Denn die Zeit hat gezeigt, dass das reine symbolische Töten der Religion nicht ausreicht, vielmehr muss ihre Existenz überhaupt in Frage gestellt werden – Gott ist demnach nicht tot, denn was nie existierte, konnte und kann nicht sterben – bis hin zu einer absoluten Löschung eines Religionskonzeptes aus dem Raum aller Lösungen und Lösungswege. Schließlich ist der Mensch zwar als Individuum, nicht jedoch als Gruppe oder gar Gesellschaft, in der Lage sich von Pfadabhängigkeiten in der kurzen Frist frei zu machen. Nicht anders ist es zu erklären, dass auch heute noch versucht wird gesellschaftliche Werte historisch und nicht aus einer allgemeinen, unbeeinflussten Vernunft abzuleiten. Es geht schlichtweg um die Konsensfähigkeit in der Gruppe. Das Problem, das dadurch unweigerlich entsteht ist ein operationales. Es scheint nicht möglich die Religion ausreichend lange, das heißt über mindestens 2 bis 3 Generationen komplett aus der Gedankenwelt aller Menschen heraus zu halten. Erst dann würde, in einer anschließenden Betrachtung, die ehemalige Religion objektiv betrachtet und damit als der unfassliche Unsinn wahrgenommen, der sie ist. Jedoch ist der einzige Weg durch den diese Art von Erfolg hinsichtlich einer Religion erreicht werden konnte das Verdrängen einer Religion durch einen mindestens äquivalent unsinnigen Glaubensansatz. Selbst prominente und aggressive nichtreligiöse Ideologien mit vergleichbar hohem Gewalt- und Menschenverachtungspotenzial, wie der Staatskommunismus oder der (faktisch politische) Faschismus, haben es nicht vermocht die jeweiligen Bestandsreligionen zu verdrängen. Wir verdanken also die Einsicht, dass beispielsweise Odin, Osiris und Olymp heute als die Märchengeschichten betrachtet werden, die sie sind, ihrem Ersatz durch die heute dominierenden monotheistischen Religionen.
Die Institutionalisierung des Glaubens
Glaube ist wichtig. Der Mensch, so rational er sich selbst als Wesen sehen mag, so wichtig ist es für ihn, dass er sich an etwas aufrichten kann, das für ihn eine unabänderliche Wahrheit darstellt. Dabei kann dieser Glaube sich in vielerlei Hinsicht manifestieren. Materiell, philosophisch, ideologisch oder spirituell. Speziell die beiden letztgenannten Formen sind dabei potenziell gefährlich, wenngleich nicht notwendigerweise. Spiritueller Glaube an sich ist eine sehr sinnvolle Methode zur Auseinandersetzung mit dem Selbstbild des Menschen und seiner eigenen Rolle in einer Welt, die seinen Verstand in ihrer Komplexität weit übersteigt. Das Problem beginnt, wenn Glaube sich institutionalisiert.
Unter institutionalisiertem Glaube kann man ohne weiteres Kirche verstehen, aber nicht ausschließlich. Im Zweifel beginnt die Institutionalisierung schon mit einer Gemeinde, oder der Namensgebung. Mit Sicherheit aber mit der Schrift. Die Schrift ist dabei die objektivierte Fortbestandsproklamation. Hegt jemand einen privaten Glauben – das heißt im Wesentlichen: Einen Glauben nur für sich selbst – so endet dieser Glauben mit der Person des Glaubenden. Das Verfassen einer Schrift entkoppelt den Glauben vom Glaubenden, er wird Institut, Ideologie, Religion.
Der Mensch als Wesen ist allerdings meist hinsichtlich der Richtigkeit seiner eigenen Überzeugung voreingenommen. Es liegt in seiner Natur. Gleiches gilt für einige instinktive Verhaltensweisen. Die Überhöhung der eigenen Person über andere ist die moderne Aufmachung uralter Verhaltensmuster, sozusagen gewissermaßen eine Manifestation von Fortpflanzungstrieb und Überlebensinstinkt. Sie ist ein Relikt der evolutiven Entwicklung der Spezies Mensch. Ironie hin, Ironie her. Die Implikationen die sich daraus ergeben sind der entscheidende Punkt wieso Religion nicht nur so ein massives Hemmnis der Fortentwicklung des Menschen, sondern vielmehr eine fundamentale Gefahr für Rationalität und Gerechtigkeit darstellt.
Das Bilden von Gruppen zur Gruppenweiten Überhöhung der Persönlichkeit ist ebenfalls kein neues Phänomen. Es ist eine pragmatische Verhaltensweise, die es den Gruppenmitgliedern ermöglicht Ressourcen zu sparen und dadurch die jeweils eigenen Erfolgschancen zu erhöhen. Die Gruppengröße richtet sich dabei nach den verfügbaren Ressourcen, die Mitgliedschaft in der Gruppe nach den eigenen Fähigkeiten beziehungsweise dem Nutzen für die Gruppe. Interpretierbar ist dieser Nutzen als die absolute physische Stärke des Individuums. Diese Interpretation gilt dabei für Frauen und Männern gleichermaßen, es unterscheidet sich lediglich das betrachtete Set an Fähigkeiten sowie deren relative Attribution. Im weiteren Sinne kann man hier also vom klassischen Überleben des Stärkeren sprechen. Doch diese Interpretation wurde durch die semantische Entkoppelung des Begriffs „Stärke“ von seiner primär physischen Bedeutung, im Rahmen der Entwicklung des Menschen und seiner Kulturorientierung, pervertiert. Stärke konnte in der Folge im Kontext unterschiedlicher Kulturen die verschiedensten Interpretationen haben.
Die Problematik, wie sie bis heute ungebrochen fortbesteht, ergibt sich demnach daraus, dass ausgrenzendes Verhalten in der Natur des Menschen liegt und sich nicht nur in individuellem Verhalten, sondern gleichermaßen in den verschiedensten gesellschaftlichen Konstrukten zeigt. Und genau hier liegt das Problem.
Institutionalisierter Glaube grenzt aus. Er hat ein Manifest, einen moralischen Kodex, er kennt die Werteorientierung als Konzept und er hat eine eigene Definition von Richtig und Falsch. Im Wesentlichen heißt das, er hat Ideologie. Darüber hinaus besitzt er aber auch immer eine zentrale abgrenzende Komponente. Die Gemeinschaft definiert sich nicht ausschließlich über Verhalten und gemeinsamem Glaubenskonstrukt, sondern sehr stark über eine strikte Kontrastierung zu Gruppenexternen Individuen und Gruppen. Dabei steht oft auch ein missionierender Anspruch, nahezu immer jedoch ein Dominanzanspruch im Raum.
Die praktische Umsetzung von institutionalisiertem Glauben ist gut und umfangreich dokumentiert. Die ursprünglichen, aus allgemeinen Lebensregeln des Entstehungsortes der Religion entstandenen, Verhaltensregeln und Grundsätze werden über die Zeit ritualisiert und von ihrem eigentlichen raison d‘être entfremdet, bis auch ein Wegfallen des selbigen den Fortbestand des Rituals oder der ritualisierten Regel nicht mehr tangiert. Die Institution selbst schafft sich dadurch den Handlungsrahmen, die führenden Personen, deren Existenz die Größe der jeweiligen Organisationen bedingt, erhalten ihre Machtinstrumente und Legitimation.
Diese Art von Machtverteilung und insbesondere Legitimation aus dem System selbst heraus macht religiöse Ideologien so mächtig und damit so außerordentlich gefährlich. Denn die psychosoziale Bindungswirkung ist unvergleichbar hoch und hinzu kommen sehr lange zurückreichende soziokulturelle Pfadabhängigkeiten und die Vermischung von Alltag und Religion, deren Trennung mitunter sehr schwierig zu gestalten ist. Ein weiteres tragendes Element in diesem Zusammenhang ist das Vorhandensein von Dogmatik. Selbige und das Festhalten an offensichtlich unwahren Elementen der eigenen Lehre sind Überprüfungsmechanismen für die Loyalität der eigenen Anhänger.
Was passiert, wenn man eine Institution mit einem unangreifbaren Herrscher und einem gut funktionierenden quasi-feudalen Führungsapparat ausstattet, keine rechtstaatlichen Schranken (mehr) bestehen und die aktivierte Zahl der bedingungslos folgenden Mitglieder eine kritische Grenze überschreitet, lässt keinen Raum für Spekulation.
Es wird Unterdrückung geben. Gegen die freie Meinung sowie Teilgruppen der eigenen Gemeinschaft.
Es wird Ausgrenzung geben. Gegen Minderheiten und Außenstehende.
Es wird Gewalt geben. Gegen alles und jeden, wodurch die eigene Machtbasis gefährdet oder die Ausdehnung der eigenen Macht einschränkt wird. Oder um die eigene Organisation auf Linie zu halten.
Das ist das wahre Antlitz der Ideologie.
Ideologie induziert gewaltunterstütze Unterdrückung und Ausgrenzung.
Ideologie ist Faschismus.
Religion ist Faschismus.
Wäre Gott nur tot.
Es hilft nur die Vernunft, doch sie ist so unglaublich unpraktisch und anstrengend…
Abschnitt 2 – Nichts ist verwerflich genug hier zu erscheinen.
Gott ist nicht tot...
Nietzsche (1888) lässt den Menschen Gott töten um ihm einen Grundaufbau neuer Werte zu ermöglichen. Der Ansatz ist dabei so brillant, dass er – speziell im historischen Kontext – eine kurze Betrachtung mehr als verdient. Gott als Metapher für die Religion zu nehmen und die Notwendigkeit einer gänzlichen Abkehr von diesem Grundwert, sowie von anderen fundamentalen Werten, zu erkennen, ist für einen Menschen des 19. Jahrhunderts herausragend. Dies wird umso deutlicher wenn man sich die Welt zur Betrachtung heranzieht. Noch immer ist die Menschheit daran gescheitert sich entscheidend weiterzuentwickeln. Dies führt uns zu dem Punkt in dem Nietzsche irrte und der den Grundfehler im Umgang mit falschen Bestandswerten aufzeigt. Denn die Zeit hat gezeigt, dass das reine symbolische Töten der Religion nicht ausreicht, vielmehr muss ihre Existenz überhaupt in Frage gestellt werden – Gott ist demnach nicht tot, denn was nie existierte, konnte und kann nicht sterben – bis hin zu einer absoluten Löschung eines Religionskonzeptes aus dem Raum aller Lösungen und Lösungswege. Schließlich ist der Mensch zwar als Individuum, nicht jedoch als Gruppe oder gar Gesellschaft, in der Lage sich von Pfadabhängigkeiten in der kurzen Frist frei zu machen. Nicht anders ist es zu erklären, dass auch heute noch versucht wird gesellschaftliche Werte historisch und nicht aus einer allgemeinen, unbeeinflussten Vernunft abzuleiten. Es geht schlichtweg um die Konsensfähigkeit in der Gruppe. Das Problem, das dadurch unweigerlich entsteht ist ein operationales. Es scheint nicht möglich die Religion ausreichend lange, das heißt über mindestens 2 bis 3 Generationen komplett aus der Gedankenwelt aller Menschen heraus zu halten. Erst dann würde, in einer anschließenden Betrachtung, die ehemalige Religion objektiv betrachtet und damit als der unfassliche Unsinn wahrgenommen, der sie ist. Jedoch ist der einzige Weg durch den diese Art von Erfolg hinsichtlich einer Religion erreicht werden konnte das Verdrängen einer Religion durch einen mindestens äquivalent unsinnigen Glaubensansatz. Selbst prominente und aggressive nichtreligiöse Ideologien mit vergleichbar hohem Gewalt- und Menschenverachtungspotenzial, wie der Staatskommunismus oder der (faktisch politische) Faschismus, haben es nicht vermocht die jeweiligen Bestandsreligionen zu verdrängen. Wir verdanken also die Einsicht, dass beispielsweise Odin, Osiris und Olymp heute als die Märchengeschichten betrachtet werden, die sie sind, ihrem Ersatz durch die heute dominierenden monotheistischen Religionen.
Die Institutionalisierung des Glaubens
Glaube ist wichtig. Der Mensch, so rational er sich selbst als Wesen sehen mag, so wichtig ist es für ihn, dass er sich an etwas aufrichten kann, das für ihn eine unabänderliche Wahrheit darstellt. Dabei kann dieser Glaube sich in vielerlei Hinsicht manifestieren. Materiell, philosophisch, ideologisch oder spirituell. Speziell die beiden letztgenannten Formen sind dabei potenziell gefährlich, wenngleich nicht notwendigerweise. Spiritueller Glaube an sich ist eine sehr sinnvolle Methode zur Auseinandersetzung mit dem Selbstbild des Menschen und seiner eigenen Rolle in einer Welt, die seinen Verstand in ihrer Komplexität weit übersteigt. Das Problem beginnt, wenn Glaube sich institutionalisiert.
Unter institutionalisiertem Glaube kann man ohne weiteres Kirche verstehen, aber nicht ausschließlich. Im Zweifel beginnt die Institutionalisierung schon mit einer Gemeinde, oder der Namensgebung. Mit Sicherheit aber mit der Schrift. Die Schrift ist dabei die objektivierte Fortbestandsproklamation. Hegt jemand einen privaten Glauben – das heißt im Wesentlichen: Einen Glauben nur für sich selbst – so endet dieser Glauben mit der Person des Glaubenden. Das Verfassen einer Schrift entkoppelt den Glauben vom Glaubenden, er wird Institut, Ideologie, Religion.
Der Mensch als Wesen ist allerdings meist hinsichtlich der Richtigkeit seiner eigenen Überzeugung voreingenommen. Es liegt in seiner Natur. Gleiches gilt für einige instinktive Verhaltensweisen. Die Überhöhung der eigenen Person über andere ist die moderne Aufmachung uralter Verhaltensmuster, sozusagen gewissermaßen eine Manifestation von Fortpflanzungstrieb und Überlebensinstinkt. Sie ist ein Relikt der evolutiven Entwicklung der Spezies Mensch. Ironie hin, Ironie her. Die Implikationen die sich daraus ergeben sind der entscheidende Punkt wieso Religion nicht nur so ein massives Hemmnis der Fortentwicklung des Menschen, sondern vielmehr eine fundamentale Gefahr für Rationalität und Gerechtigkeit darstellt.
Das Bilden von Gruppen zur Gruppenweiten Überhöhung der Persönlichkeit ist ebenfalls kein neues Phänomen. Es ist eine pragmatische Verhaltensweise, die es den Gruppenmitgliedern ermöglicht Ressourcen zu sparen und dadurch die jeweils eigenen Erfolgschancen zu erhöhen. Die Gruppengröße richtet sich dabei nach den verfügbaren Ressourcen, die Mitgliedschaft in der Gruppe nach den eigenen Fähigkeiten beziehungsweise dem Nutzen für die Gruppe. Interpretierbar ist dieser Nutzen als die absolute physische Stärke des Individuums. Diese Interpretation gilt dabei für Frauen und Männern gleichermaßen, es unterscheidet sich lediglich das betrachtete Set an Fähigkeiten sowie deren relative Attribution. Im weiteren Sinne kann man hier also vom klassischen Überleben des Stärkeren sprechen. Doch diese Interpretation wurde durch die semantische Entkoppelung des Begriffs „Stärke“ von seiner primär physischen Bedeutung, im Rahmen der Entwicklung des Menschen und seiner Kulturorientierung, pervertiert. Stärke konnte in der Folge im Kontext unterschiedlicher Kulturen die verschiedensten Interpretationen haben.
Die Problematik, wie sie bis heute ungebrochen fortbesteht, ergibt sich demnach daraus, dass ausgrenzendes Verhalten in der Natur des Menschen liegt und sich nicht nur in individuellem Verhalten, sondern gleichermaßen in den verschiedensten gesellschaftlichen Konstrukten zeigt. Und genau hier liegt das Problem.
Institutionalisierter Glaube grenzt aus. Er hat ein Manifest, einen moralischen Kodex, er kennt die Werteorientierung als Konzept und er hat eine eigene Definition von Richtig und Falsch. Im Wesentlichen heißt das, er hat Ideologie. Darüber hinaus besitzt er aber auch immer eine zentrale abgrenzende Komponente. Die Gemeinschaft definiert sich nicht ausschließlich über Verhalten und gemeinsamem Glaubenskonstrukt, sondern sehr stark über eine strikte Kontrastierung zu Gruppenexternen Individuen und Gruppen. Dabei steht oft auch ein missionierender Anspruch, nahezu immer jedoch ein Dominanzanspruch im Raum.
Die praktische Umsetzung von institutionalisiertem Glauben ist gut und umfangreich dokumentiert. Die ursprünglichen, aus allgemeinen Lebensregeln des Entstehungsortes der Religion entstandenen, Verhaltensregeln und Grundsätze werden über die Zeit ritualisiert und von ihrem eigentlichen raison d‘être entfremdet, bis auch ein Wegfallen des selbigen den Fortbestand des Rituals oder der ritualisierten Regel nicht mehr tangiert. Die Institution selbst schafft sich dadurch den Handlungsrahmen, die führenden Personen, deren Existenz die Größe der jeweiligen Organisationen bedingt, erhalten ihre Machtinstrumente und Legitimation.
Diese Art von Machtverteilung und insbesondere Legitimation aus dem System selbst heraus macht religiöse Ideologien so mächtig und damit so außerordentlich gefährlich. Denn die psychosoziale Bindungswirkung ist unvergleichbar hoch und hinzu kommen sehr lange zurückreichende soziokulturelle Pfadabhängigkeiten und die Vermischung von Alltag und Religion, deren Trennung mitunter sehr schwierig zu gestalten ist. Ein weiteres tragendes Element in diesem Zusammenhang ist das Vorhandensein von Dogmatik. Selbige und das Festhalten an offensichtlich unwahren Elementen der eigenen Lehre sind Überprüfungsmechanismen für die Loyalität der eigenen Anhänger.
Was passiert, wenn man eine Institution mit einem unangreifbaren Herrscher und einem gut funktionierenden quasi-feudalen Führungsapparat ausstattet, keine rechtstaatlichen Schranken (mehr) bestehen und die aktivierte Zahl der bedingungslos folgenden Mitglieder eine kritische Grenze überschreitet, lässt keinen Raum für Spekulation.
Es wird Unterdrückung geben. Gegen die freie Meinung sowie Teilgruppen der eigenen Gemeinschaft.
Es wird Ausgrenzung geben. Gegen Minderheiten und Außenstehende.
Es wird Gewalt geben. Gegen alles und jeden, wodurch die eigene Machtbasis gefährdet oder die Ausdehnung der eigenen Macht einschränkt wird. Oder um die eigene Organisation auf Linie zu halten.
Das ist das wahre Antlitz der Ideologie.
Ideologie induziert gewaltunterstütze Unterdrückung und Ausgrenzung.
Ideologie ist Faschismus.
Religion ist Faschismus.
Wäre Gott nur tot.
Es hilft nur die Vernunft, doch sie ist so unglaublich unpraktisch und anstrengend…
Abschnitt 2 – Nichts ist verwerflich genug hier zu erscheinen.
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Umverteilungstheoretische Überlegungen im Kontext politischer und ökonomischer Systematiken
bobloblaw, Mittwoch, 7. September 2016, 18:55
Was ist soziale Gerechtigkeit? - Definitorische Ansätze und Status Quo:
Zunächst einmal ist soziale Gerechtigkeit ein Begriff, bestehend aus zwei Worten. Dann ist es auch noch etwas Gutes - zumindest für eine sehr große Mehrheit der Menschen.. Doch abseits dieser einfachen Eingrenzungen ist der Begrifft schwammig, gar polymorph. Dies wiederum ist logisch, denn der betrachtete Begriff ist ein politischer. Freilich liegen linke Parteien bei der Häufigkeit der Verwendung tendenziell vorne, jedoch ist es rein die Semantik, dem Begriff kontextual beigefügt, welche seine aktuelle Bedeutung definiert. Zumindest für den Augenblick.
Ein Sozialist versteht darunter vermutlich eine möglichst absolute Gleichheit der Gesellschaft in wirtschaftlich aber auch politischer Hinsicht, ein Anhänger der freien Marktwirtschaft, dass jeder das erhält was er verdient, erarbeitet, erwirtschaftet hat. In der sozialen Marktwirtschaft als hybridem System zwischen diesen beiden Extremen, wie es beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland faktisch Anwendung findet, ist soziale Gerechtigkeit der Zustand eines optimalen Umverteilungsgrades, also einer idealen Ausgewogenheit zwischen der sozialen Gleichheit der Bevölkerungsschichten und der Möglichkeit durch eigene Leistung für sich, eigenen, vom Rest der Bevölkerung zunächst einmal differenzierten, Wohlstand zu schaffen.
Bei dieser Betrachtungsbreite fällt auf, dass eine wirtschaftliche Komponente bei der Begriffseingrenzung nicht von der Hand zu weisen ist und das wiederum erscheint nicht zufällig. Schließlich sind auf das politische und das ökonomische eng verbunden.
Die allgemeine Entwicklung hin zu dieser Idee eines Kompromisses der beiden extremen, jedoch auch, und das ist das faszinierende, beiderseits gerechten Vorstellungen ist gepflastert mit zahllosen Fehlern und Irrtümern. Auch dieser Umstand erscheint, speziell retrospektiv, logisch, denn beide Systeme für sich besitzen wie gesagt eine gewisse, überzeugende intrinsische Logik einer gerechten Welt.
Diskussion, Philosophie, Politik und Kriege - ganz nach Clausewitz die "Fortführung der Politik mit anderen Mitteln" - fanden in dem, aus dem scheinbaren gegenseitigen Ausschluss dieser beiden Sichtweisen erwachsenden, Konflikt einen potenten Nährboden.
Der zentrale Fehler aller Parteien in sämtlichen obig beschriebenen Formen der gesellschaftlichen oder außenpolitischen Auseinandersetzung, war ein kultureller. Ein kulturell bedingter Fehler so tief in uns Menschen verwurzelt, dass eine Überwindung dieses Fehlers auch heute noch unüberwindbar scheint. Selbst für uns, die wir das Problem begriffen haben und die Lösung kennen, doch wissen, dass jene profunde Prägung es praktisch unmöglich macht, in absehbarer Zeit die bekannte Lösung zu implementieren. Zumindest ohne eine gewaltsame Diktatlösung.
Bevor im Weiteren darauf eingegangen werden kann, ist es essentiell zu verstehen, welche grundsätzlichen Gerechtigkeitsgedanken den beiden extremen systematische Ansätzen für Staat und Gesellschaft, nämlich dem Sozialismus und der freien Marktwirtschaft, zugrunde liegen und welche Mechanismen und Fakten zu ihrem Versagen führen.
Weiter ist es auch wichtig zu verstehen, weshalb man in den heutzutage üblichen hybriden Realsystemen die Probleme und charakteristischen Entwicklungen beider Ansätze nur abschwächen und gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rigiditäten grob korrigieren kann.
Sozialismus als wirtschaftliches und politisches System:
Die grundsätzliche Problematik des Sozialismus liegt in der Natur des Menschen, nicht in der zugrunde liegenden Idee für die Ausgestaltung des politischen und ökonomischen Systems. Daher ist es zunächst nötig zu verstehen, welche grundsätzlichen Prinzipien im Zentrum des Ansatzes stehen und inwieweit sich das systemische Versagen des Systems darstellt. Ohne große Exkurse zu bemühen lässt sich der wesentliche Versagensgrund recht schnell zusammenfassen. Im Sozialismus soll der Mensch vergleichsweise gleichgeschaltet sein. Das Individuum, soll sich durch soziale Erfolge für die Gemeinschaft Bestätigung holen und von den anderen Individuen des Systems differenzieren, nicht durch ökonomischen Erfolg. Nun scheint es aber so, dass ökonomischer Erfolg dem sozialen Erfolg, zumindest in der polyindividuellen Wahrnehmung, mehr als deutlich überlegen ist. Einer der dominierenden Triebe des Menschen ist der Fortpflanzungstrieb. Dieser geht wiederum sehr stark mit der Motivation einher, sich selbst von potenziellen Mitbewerbern zu differenzieren. Zunächst eher durch physisch bedingte Erfolge wie die Jagd, später vermehrt durch abstraktere Mittel, wie beispielsweise Ertragskraft. Die narzisstische Vorstellung des Menschen, der sich selbst über den Status eines Tieres erhebt und dessen niedere Motivationsebene für sich ausschließt und obsolet erklärt, manifestiert sich in dieser Problematik sehr deutlich. Der Mensch ist noch sehr weit davon entfernt sich über urzeitliche Triebe und Instinkte erheben zu können und wird versuchen seinen ökonomischen Erfolg durch Nutzenmaximierung zu optimieren. (Natürlich ist die Nutzenmaximieren nicht absolut sondern unterliegt diversen individuellen, nicht-pekuniären Nebenbedingungen. Dennoch bleibt sie in ihrem Wesen maßgeblich.)
Neben dem Fortpflanzungstrieb ist auch der Überlebensinstinkt von nennen, bedingt er doch gewissermaßen die Nichtsättigung im Verhalten des Menschen und damit in gewisser Weise auch die Gier des Menschen nach bestimmten Sicherheitszuständen und ihren Güteräquivalenten.
Der dabei zentrale und entscheidende Faktor ist also die Nutzenmaximierungsprämisse und deren Implikationen bezüglich des Opportunitätskalküls und teilweise auch in der gewissen Nichtsättigungstendenz des Konsumenten. Paradox daran ist, dass der Mensch selbst wohl eines der intuitivsten Beispiele für instinktives, nutzenmaximierendes Verhalten ist und man es einfach so sagen kann: Der Mensch ist aufgrund seiner Natur nicht für ein planwirtschaftliches System geeignet. Der Mensch wird in einem System, in dem Leistung und Nichtleistung ökonomisch vergleichbar erfolgreich sind, demnach also keinerlei Anreizkompatibilität besteht, nicht die ausreichende Innovationskraft und Gesamtleistung aufbringen um das wirtschaftliche System nachhaltig aufrechtzuerhalten. (Dabei ist die kurzfristige Stabilisierbarkeit solcher Systeme durch Zwang noch nicht berücksichtigt. Dieser Umstand ist für die ökonomische Untersuchung der sozialen Gerechtigkeit jedoch auch nicht von elementarer Bedeutung).
Festzuhalten bleibt, dass es einen deutlichen Sprung in der sozialen Entwicklung der Menschheit in ihrer Gesamtheit bedarf, um ein funktionierendes und gerechtes sozialistisches System zu implementieren. Es ist jedoch zumindest fraglich ob der Mensch, ob seiner tiefsten natürlichen Prägung, überhaupt fähig ist eine solche Entwicklung zu vollziehen.
Jedoch gibt es in diesem Kontext auch eine gewichtige Einschränkung anzubringen. Denn im Endeffekt funktionieren solche Systeme bereits. Man muss nur mal über seine eigene Familie oder sonstige kleine Gruppen nachdenken und man wird feststellen, dass innerhalb dieser Strukturen, aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wie familiärer Zugehörigkeit, sehr wohl eine Art Sozialismus funktioniert (inwieweit langfristige Pläne erstellt werden ist eigentlich irrelevant, da auch deren Dauer auf die Verkleinerung der Gemeinschaft herunter zu rechnen ist). Soll heißen, dass ein sozialistisches System in Mikrokosmen mitunter auch langfristig möglich ist, allerdings die Wahrscheinlichkeit der Langfristigkeit mit der Zunahme der Individuen abnimmt.
Problematisch hierbei bleibt, dass planwirtschaftliche Systeme maßgeblich darauf aufbauen, dass man sich sogenannter "Verbundvorteile " bedient, womit schlichtweg Synergieeffekte gemeint sind (die allerdings paradoxerweise, aufgrund von Staatsversagen, irgendwann in aller Regel in fallenden Skalenerträgen resultieren). Wenn nun allerdings die Verbundvorteile ausgenutzt werden, leidet die Stabilität des Systems erheblich, was wiederum externe stabilisierende Maßnahmen bedingt. Das heißt nichts anderes, als dass der Sozialismus, nach heutigem Stand der Menschheitsentwicklung, zumindest auf Staatsebene, die Diktatur als notwendige Bedingung hat.
(Außerdem noch ein kleiner Denkanstoß: Wenn eine Fusion aller Unternehmen sämtliche externen Effekte effizient internalisiert , wieso produziert es dann an der Kapazitätsgrenze. Interessanterweise schafft sich ein planwirtschaftliches System, aufgrund der fehlenden Gewinnmaximierungsprämisse im Unternehmen, durch die Internationalisierungsmaßnahme einen riesigen externen Effekt. Die Theorie der externen Effekte versagt hier also)
Freier Kapitalismus als wirtschaftliches System:
Die sogenannte freie Marktwirtschaft stellt den anderen Pol in der bestehenden politökonomischen Systematik. Sie stellt den Gegensatz zur vollkommenen ökonomischen Gleichstellung des Sozialismus dar und stützt sich auf die Differenzierung durch Leistung.
Die Logik und die damit verbundenen Vorteile liegen klar auf der Hand. Ein Individuum, das leistet soll auch leistungsadäquat dafür belohnt werden. Wer also etwas erfindet soll den ökonomischen Vorteil daraus ziehen können. Innovationskraft und Risikobereitschaft haben einen wesentlich höheren Pay-off als das bloße Anbieten der eignen Leistungsfähigkeit gegen eine fixe oder variable Kompensation ohne (nennenswerte) Residualansprüche.
Exkurs - Soziale Gerechtigkeit im Verhältnis Arbeitnehmer-Unternehmer:
Betrachtet man das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern grundsätzlich, so muss es logisch sein, dass ein Unternehmer einen größeren Teil der Gewinne erhält. Es ist schließlich der Unternehmer, der seine individuelle und persönliche Risikoexposition erhöht wenn er unternehmerisch tätig wird. Obgleich eine gewisse Verantwortung des Unternehmers für seine Belegschaft selbstverständlich gewahrt werden muss, so ist es der Unternehmer der den Arbeitsplatz im Rahmen seiner Risikobereitschaft schafft. Und hier irrt die sozialistische Ideologie wenn sie fordert, die Arbeiterschaft müsse den Großteil der (physisch) von ihr erwirtschafteten Erträge - den Mehrwert - erhalten. Der Arbeiternehmer ist leistungsadäquat zu entlohnen, sprich gerecht, jedoch nicht darüber hinaus. Soziale Gerechtigkeit kann hier nur heißen, dass der Arbeitnehmer objektiv gerecht für seine erbrachte Leistung entlohnt wird und der Unternehmer alle Residualgewinne für sich behalten darf, egal wie hoch sie ausfallen, denn dieser unsichere Ertrag ist die, im Vorhinein ungewisse, Entlohnung seiner Risikoexposition.
(Die Diskussionswürdigkeit der Unternehmerschaft von Konzernen i.S.d. obigen Ausführungen soll hier, aus Gründen der thematischen Kompaktheit, nicht weiter betrachtet werden).
Ende des Exkurses
Die Nachteile der kapitalistischen Systeme liegen insbesondere in ihrer Manifestationsneigung. Solange alle Individuen eine annähernd gleiche Kapitalausstattung und damit in gewisser Weise auch Ertragskraft haben, sind die Probleme gering. Die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten führen jedoch automatisch zu einer Ungleichverteilung der Vermögen. Diese Umverteilung ist einerseits extrem in ihrer Ausprägung und andererseits auch exponentiell in ihrer Entwicklung. Denn Vermögen erhöht die Leistungsfähigkeit und erleichtert den Zugang zu externer Leistungsfähigkeit sowie zu Ertragsquellen, die eine gewisse Vermögensakkumulation für ihre Erschließung voraussetzen. Ein weiteres Problem ist die naturgemäße Ungleichverteilung von Leistungsfähigkeit. Will man keine evolutionsbiologische Auslese in der menschlichen Gemeinschaft, so stellt sich hier die Frage, wie dieser Ungleichverteilung kompensatorisch beizukommen ist.
Der totale Kapitalismus und auch etwas schwächer ausgeprägte Formen der freien Marktwirtschaft führen also zu extremen Vermögensverteilungsdisparitäten (empirischer Nachweis: hohe Gini-Koeffizienten), Armut in großen Bevölkerungsteilen, faktisch existenziellen Abhängigkeiten sowie massiven zyklischen Verwerfungen im ökonomischen und sozialen Leben.
(Dieser Abschnitt beschränkt sich mit Absicht nur auf die für die weiteren Ausführungen relevanten Sachverhalte. Für einen Einstieg in die weiterführende Kritik am totalen Kapitalismus empfehle Ich „Das Kapital“ von Karl Marx, das auch heute noch die Lektüre Wert ist. Natürlich unter Berücksichtigung einer adäquaten historischen Einordnung)
(Zudem: Die aktuell diskutierten Veränderungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Konjunkturzyklen und den klassischen Marktmodellen auch bezogen auf eine Großzahl an quasimonopolistischen Konzernen ist hier nicht weiter behandelt.)
Zieldisparitäten und hybride Systeme:
Immer vorausgesetzt es geht bei der Betrachtung nur um ökonomische Gerechtigkeitsaspekte und nicht um andere Aspekte wie Rechtstaatlichkeit, so lassen sich die zentralen Punkte zur Implementierung eines gerechten Systems auf zwei Kernelemente zusammenfassen: Anreizkompatibilität und Umverteilung.
Nun erscheint es so als ob, zumindest in bestimmten Teilen, diese beiden Elemente einem systematischen Zielkonflikt ausgesetzt sind. Schließlich dämpft Umverteilung einen, rein pekuniär ausgedrückten, Leistungsanreiz um jenen Betrag, den das empfangende Subjekt durch selbige erhält. In Zahlen ausgedrückt ergibt sich also folgende einfache Rechnung. Angenommen es gibt in einem Staats zwei Haushalte. Beide Haushalte benötigen 20 Werteinheiten zur Bestreitung seiner sämtlichen Bedürfnisse . Ein Haushalt wird 35 Werteinheiten als eigene Leistung erwirtschaften, die Leistung des anderen Haushalts steht noch nicht fest. Die Überschüsse über den eigenen Bedarf stehen der Gemeinschaft zur Verfügung. Der zweite Haushalt erhält nun beispielsweise diese 15 Werteinheiten als Transferleistungen im Rahmen der Umverteilung, so ist der ursprüngliche Anreiz zur Erwirtschaftung von 20 Einheiten ohne Umverteilung um diese 15 Einheiten gemindert. Diesen Umstand wird der betroffene Haushalt, vorausgesetzt die plausible Annahme gelte, dass die Umverteilung Pfadabhängigkeiten (speziell nach der ursprünglichen, nicht gleichen, Verteilung der Vermögen und Ertragsquellen) folgt und somit nicht zufällig ist, diesen Umstand erwarten und bereits ex-ante bei seiner Entscheidungsfindung internalisieren. Die zu erwartende Eigenleistung des Haushalts entspricht demnach 5 Werteinheiten. Dies ist insbesondere wahr, als einerseits die wirtschaftliche Forschung schon seit längerem den Gedanken eines rein gewinnmaximierenden Individuums fallen lassen musste und andererseits die Höhe der Umverteilung plausibler Weise an die gesamte Einkommenssumme des Haushaltes gekoppelt ist und sensitiv auf die eigene Haushaltsleistung reagiert. Gleichzeitig reduziert sich aber auch der Anreiz des ersten Haushalts mehr als 20 Einheiten zu erwirtschaften.
Natürlich ist dieses einfache Beispiel realitätsfremd. Die Implikationen die es aufzeigt sind gerade in modernen Staatssystemen und einer großen Anzahl an Haushalten jedoch sehr real.
Die Problematik beider Systeme, sowie das Spannungsverhältnis von Umverteilung und Anreizkompatibilität sind klar.
Ein aktuell vergleichsweise erfolgreicher Lösungsansatz dieses Konfliktes sind die hybriden Systeme, oft auch soziale Marktwirtschaften genannt.
Das Problem bei den sozialen Marktwirtschaften ist, dass sie es zwar vergleichsweise gut schaffen die Nachteile der beiden polaren Systeme abzumildern, jedoch nicht beseitigen können. So führt auch ein hybrides System langfristig fast zweifelsohne zu einem Auseinanderdriften von positiven und negativen Vermögenskonzentrationen. Bei den vermögensfernen Schichten entsteht dabei oft eine zumindest gefühlte, oft aber auch eine tatsächliche Ohnmachtssituation, welche erneut die Probleme in Bezug auf Umverteilung und Anreizsituation hervorbringt. Dies ist insbesondere bei (wiederholten) ökonomischen Schocks der Fall. Langfristig werden die Systeme also immer instabiler und zwar sowohl ökonomisch wie politisch und können somit nicht die Krone der sozialen Gerechtigkeit darstellen. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei, dass jene, die im Falle einer Krise aktuell die größere Vermögensakkumulation besitzen den daraus resultierenden Einfluss nutzen werden um individuelle Verluste oder Verlustrisiken auf die Allgemeinheit, also den Staat, zu verteilen. In der langen Frist manifestieren sich durch dieses Verhalten nämlich nicht nur die Machtverhältnisse der Bevölkerungsgruppen, sondern auch die öffentliche Gesamtschuld, welche den Druck auf die ärmeren Schichten überproportional erhöht. Dies geschieht sowohl indirekt durch die eigentliche Schuldenlast und indirekt über eine größere Instabilität und Inflexibilität der öffentlichen Hand. Empirisch zeigt sich dieser indirekte Druck beispielsweise durch den Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit.
Letztendlich wird also klar, dass eine Lösung des Problems im Rahmen der heutigen Lösungsansätze nicht zu erwarten ist.
Kommen wir folglich zurück auf die zuvor aufgestellte Hypothese, das Problem sei seinem grundsätzlichen Wesen nach ein kulturelles.
Die Begründung ist sehr einfach und eigentlich geradezu intuitiv. Dennoch reagieren die meisten Menschen, so habe ich das in vielen Gesprächen festgestellt, sehr ablehnend und mitunter aggressiv, sobald sie erstmalig mit ihr konfrontiert werden. Zumindest anfänglich und ohne weitere Erläuterungen. Nach einer gewissen Diskussionszeit nimmt der Anteil derjenigen, welche den Vorschlag als tatsächlich gerecht erachten deutlich zu. Dies ist auch ein erster Hinweis auf ein zentrales Problem (nicht nur in diesem Kontext). Der Mensch liebt seine Paradigmen.
Das Hauptproblem hingegen ist ein kulturelles, weil die Lösung nicht in einer intragenerationellen Umverteilung liegt, sondern in einer intergenerationellen Umverteilung.
Zwar würde sich das Problem der Wirkung der Umverteilung auf Seite des Umverteilungsempfängers nicht gänzlich lösen lassen, das Problem auf der Seite des Umverteilungsgebers würde aber fast gänzlich ausgehebelt.
Nun kommen wir zum eigentlichen Problem dieses Ansatzes. Durchaus bewusst noch bevor überhaupt alle Vorteile dargelegt wurden. Der aktuelle Status Quo bezüglich der Verteilung des Kapitals sowie unsere Jahrtausende alte Prägung darauf, dass die Weitergabe des eigenen Besitzes an die eigenen Nachkommen das einzig logische Verhalten ist, werden auf absehbare Zeit verhindern, dass sich dieses neue, überlegene System der sozialen Organisation von Staats und Gesellschaft durchsetzt und etabliert. Zu groß sind die Hindernisse und nötigen Veränderungen im Hinblick auf Rechtssystem, Wirtschaftsverkehr und Sozialgefüge.
Dennoch wären sämtliche Umstellungen nur groß und nicht unmöglich. Alle Neuregelungen wären fremd und detailliert aber nicht detaillierter und absurder als so viele aktuell geltende Regelungen. Man denke nur an das deutsche Steuerrecht. Vermutlich wären viele Regelungen sogar mehr als nur graduell effizienter.
Der vom Menschen zu vollziehende Wandel ist demnach ein kultureller. Eine Kultur in der die Weitergabe des einen Vermögens und Besitzes an die Gemeinschaft der Normalfall ist, kennt keine Empörung der hypothetisch Erbberechtigten weil diese, auch ihrem eigenen kulturellen Verständnis nach, nie einen Anspruch auf dieses Vermögen hatten. Nichtsdestotrotz bleibt die Problematik des kulturellen Status Quo eine entscheidende, weil eine faktische.
Intergenerationelle Umverteilung und soziale Gerechtigkeit:
Nachdem nun, hoffentlich in beidseitig ausreichender Knappheit, klar geworden ist, welche Ansätze sich einerseits gegenüberstehen und welche faktischen Umweltzustände nachdrückliche Relevanz für die Thematik innehaben, so können sich die weiteren Ausführungen darauf konzentrieren, inwieweit sich die formulierte Hypothese bezüglich der Ausgestaltung der Umverteilungspolitik darstellt und welche Vorteile, Nachteile, Folgen sowie Implikationen daraus erwachsen.
Werfen wir dafür zunächst noch einmal einen kleinen Blick auf den Status Quo der fokussiert intragenerationellen Umverteilung, wie sie aktuell weltweit gepflegt wird. Dazu muss man sich zunächst einen groben Überblick über die verschiedenen Ausgestaltungen und Möglichkeiten des gängigen innergesellschaftlichen Umverteilungsmechanismus, also des Steuersystems, verschaffen. Es reicht dabei zu bemerken, dass es zwei große Gruppen von Steuern gibt. Die Ertragsteuern auf der einen und die Verkehrs- und Verbrauchssteuern auf der anderen Seite. Ertragsteuern besteuern vereinfacht gesagt einen gewissen erwirtschafteten Betrag, sei es durch ein Angestelltenverhältnis, eine selbstständige Tätigkeit oder eine vergleichbare Ertragserzielung. Beispiele für Ertragsteuern sind die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer oder auch die Gewerbesteuer. Verkehrssteuern hingegen besteuern bestimmte Aktionen im wirtschaftlichen Verkehr, wobei mit „wirtschaftliche Verkehr“ primär ein Zahlungs- oder Güterstrom gemeint ist. Auslöser der Besteuerung ist demnach, ganz stupide ausgedrückt, ein Vorgang und kein Ergebnis. Beispiele für Verkehrssteuern sind die Umsatzsteuer, die Mineralölsteuer, die Schenkungs- und natürlich auch die Erbschaftssteuer. Beide Steuergruppen tragen auf ihre Weise zur Umverteilung bei und sind, ihrem Wesen als Steuer gemäß, prinzipiell nicht zweckgebunden. Betrachtet man genauer was auf Seiten des Steuersubjekts besteuert wird, so belasten Ertragsteuern auf der einen Seite den Besteuerten in Bezug auf seine erbrachte Leistung und Verkehrssteuern in Bezug auf seinen Konsum oder einen Vermögensübergang. Im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit ist eine allgemeine, adäquate und ausgewogene Besteuerung des Konsums unbedenklich und wird dementsprechend nur sehr hintergründig eine Rolle spielen. Speziell eine Besteuerung von nicht existenzrelevanten Gütern und Dienstleistungen, also eine sogenannte Luxusbesteuerung, ist grundsätzlich unproblematisch solange sie keine konjunkturellen Verwerfungen bedingt.
Zieht man nun die Gerechtigkeitsperspektive heran, so sind speziell die hohen Einkommensteuersätze sowie die Erbschaftsteuer interessant. Beide Steuern bieten sehr viele Ansatzpunkte für Diskussion und Reibung und führen nicht selten zu Debatten über Gerechtigkeit. Beginnen wir mit der Einkommensteuer denn hier ist der Fall relativ einfach. Diejenigen die eine Leistung erbringen empfinden eine Besteuerung ungerecht. Nicht absolut aber eine über eine bestimmte Grenze, bis zu der eine Besteuerung ob der wahrgenommenen Besteuerungslogik Sinn macht, hinausgehende Besteuerung wird als negativ wahrgenommen und hat dadurch mitunter auch eine leichte negative Anreizwirkung auf die Leistungserbringung. Dies betrifft insbesondere den Grenznutzen der Leistungserbringung in der deutschen Progressionsbesteuerung aber auch mit einem sehr hohen, pauschalisierten Steuersatz besteuerte Erträge. Dennoch gibt es, durchaus und speziell aufgrund eines Mangels an Alternativen begründet, gewichtige Gegenargumente. So ist eine leistungsbezogene Besteuerung durchaus sinnhaft, denn wer mehr leisten kann muss auch, solange die Bedingung gilt, dass zusätzliche Leistung nicht komplett abgeschöpft wird, mehr leisten. So funktioniert eine gerechte Gesellschaft in den meisten, heute implementierten Fällen. Wer hier anders argumentiert muss sich bewusst sein, dass er sich prinzipiell gegen Gerechtigkeit entscheidet, denn ob sich eine sozial gerechte Gesellschaft daran bemessen kann, die Leistung eines Krankenpflegers oder einer Bäckerin unter jene eines Bankdirektors zu stellen ist fraglich. Denn um das noch einmal klar zu sagen, Leistung meint hier Entlohnung, also Leistung aus Steuersicht und nicht Leistung i.e.S. Da es hier aber nicht weiter um leistungsadäquate Entlohnung gehen soll wird auf eine weitere Betrachtung dieser Thematik verzichtet.
Bei der Erbschaftsteuer beginnt hingegen die volle Wirkung unserer kulturellen Prägung zur Entfaltung zu kommen. Der Disput über Gerechtigkeit ist hier nämlich eigentlich dermaßen absurd, dass es schon sehr verwundert, wie stark die Position jener ist, die argumentieren es sei unfair, dass der Vermögensübergang von einem Individuum, im Falle dessen Todes, auf einen anderen überhaupt besteuert wird und dann auch noch so hoch. Man muss sich hier einmal eines wichtigen Mittels jeglicher Analyse bedienen, der Objektivität. Tut man dies, so kommt man schnell zu zwei Punkten. Erstens dem Umstand einer ungerecht hohen Besteuerung und zweitens zu der Frage, inwieweit das zu besteuernde Ergebnis, respektive der zu besteuernde Vorgang, gegenüber dem Bedürfnis nach und dem daraus abgeleiteten Anspruch auf eine innergesellschaftliche Umverteilung exponiert ist.
Diese beiden Punkte stehen naturgemäß ebenfalls in einem Spannungsverhältnis. Betrachten wir zunächst die Beispiele einer Ertrags- sowie einer Verkehrssteuer. Bei der Einkommensteuer als Ertragsteuer wirkt die Auswirkung einer (zumindest empfunden) ungerecht hohen Steuer trivial. Mit steigender Steuerbelastung steigt der Anreiz die Erträge gar nicht zu versteuern. Es bilden sich graue Märkte und die realisierten Steuererträge des Staates sinken mit einem steigenden Steuersatz. Dies ist plausibel. Nimmt man zum Beispiel einen Steuersatz von 100% so ist eine Summe an versteuerten Einkommen von 0 Euro zu erwarten. Das Ergebnis der Nichtleistung steht für den Leistenden also dem Ergebnis der Leistung gleich. Im Falle einer Verkehrsteuer, wie der Umsatzsteuer zeigt sich ein anderes Bild: Die Steuer hat grundsätzlich eine andere Wirkung. Steuersätze von über 100% Prozent sind möglich und solange der Steuersatz einheitlich gilt, bestimmt er lediglich das Preisniveau und den Steueranteil am privaten Konsum. Verbrauchsteuern sind oft sogenannte Pigou-Steuern und erfüllen einen Lenkungszweck.
Kommt man zurück zur Erbschaftssteuer, welche, im Rahmen der weiteren Überlegungen, als Verkehrssteuer eingeordnet wird. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer ist die Erbschaftssteuer eine Substanzsteuer, im Gegensatz zur Einkommensteuer ist sie aperiodisch. Als eine ungerecht hohe Besteuerung werden hier in der Regel bereits Sätze von 10-15% angesehen. Dieser Umstand ist vorwiegend kultureller Natur. Die Erbschaft selbst stellt das Residuum der Lebensleistung addiert zum selbst ererbten Vermögen, zuzüglich daraus derivativer Kapitalerträge, dar. Die Erbschaftssteuer ist der Verteilungsschlüssel der Aufteilung dieses Residuums zwischen den Erben und der Gesellschaft (mittelbar über den Staat; Probleme der staatlichen Effizienz bleiben vorerst ohne Betrachtung). Hier stellt sich nun die Frage welche Aufteilung ist sozial, also gesamtgesellschaftlich, gerecht.
Wägt man nun eine Erhöhung der Einkommensteuer gegen eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ab, so muss man, auch unter Berücksichtigung der beschriebenen Logik der Gerechtigkeit von Besteuerung, zu dem Ergebnis kommen, dass eine Erhöhung der Erbschaftssteuer eindeutig gegenüber einer Erhöhung der Einkommensteuer vorzuziehen ist, da letzte nicht die Leistung des Leistungserbringers besteuert, sondern den leistungsunabhängigen, mitunter willkürlichen Vermögenszuwachs eines, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, Nichtleistenden. Ich würde dabei sogar so weit gehen, dass eine Erhöhung der Erbschaftsteuer zu Gunsten einer Einkommensteuersenkung, bei gleichbleibendem Gesamtsteuerertrag, kardinal vorrangig ist. Dies gilt auch noch bei einem Erbschaftssteuersatz von 100% abzüglich gewisser Entschädigungen für erbrachte Dienste (insofern nicht bereits adäquat abgegolten) sowie eines gewissen Freibetrags, welcher vor prekären Situationen und der Nichtberücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen schützen soll. Spinnt man diesen Gedanken nun zu Ende, so gelangt man zu dem Schluss, dass eine gerechte Situation vorsehen muss, dass der Nichtleistende von vorne herein keinen Erbanspruch besitzt und es demnach auch keinen Grund zur Besteuerung gibt. Dass wir nicht in einer Gesellschaft leben, in welcher das Nichtbestehen dieses Anspruches der Status Quo ist, stellt die kulturelle Problematik einer gerechteren, intergenerationellen Umverteilungspolitik dar.
Der erste Hauptsatz der intergenerationell-umverteilungsorientierten sozialen Gerechtigkeit ist folglich:
Die Besteuerung von willkürlichem Vermögenszuwachs und Allokationsentscheidungen ist einer Besteuerung von Leistung kardinal vorzuziehen.
Der zweite Hauptsatz wiederum lautet:
Ist eine Besteuerung von 100% einer Substanz objektiv gerecht, so ist das Nicht-Bestehen eines Anspruches auf selbige von vorneherein logisch und eine dementsprechende Regelung alternativlos.
Nachteile:
Natürlich gibt es, wie bei jedem politökonomischen System, auch kritische Punkte und zu überwindende Nachteile bei dem vorgeschlagenen System. Diese sind zwar teilweise systemimmanent, jedoch keinesfalls gravierender als die Nachteile und Probleme der bestehenden und vergangenen Systeme, lediglich von ungewohnterer Natur. Man kann hier wieder zwei Arten von Problemen unterscheiden. Die Transition zwischen dem bestehenden und dem neuen System betreffende Probleme (wechselbedingte Probleme) auf der einen, und systemimmanente Probleme (operative Probleme) auf der anderen Seite. Ein Beispiel für ein wechselbedingtes Problem ist, neben den massiven kulturellen Umstellungen, die Masse an weitrechenden notwendigen Änderungen bei wirtschaftlichen und speziell juristischen Strukturen. Da eine Erörterung dieser Problematiken jedoch keinen Einblick in die Wirkungsweisen eines eingeführten, intergenerationell umverteilenden Systems gibt, soll im Rahmen dieser Ausführungen zunächst auf weitere diesbezügliche Erläuterungen verzichtet werden.
Die operativen Problemstellungen sind weit interessanter. Schließlich betreffen diese die laufenden, systemimmanenten Einschränkungen, Friktionen sowie Missbrauchsmöglichkeiten des Systems nach einer vollständigen Implementierung.
Systemimmanente Einschränkungen:
Zunächst sind da also die zu beachtenden systemischen Einschränkungen und Reibungspunkte. In dieser Gruppe müssen zur Wahrung einer ausgewogenen Darstellung besonders vier Punkte angesprochen werden.
Zunächst ist es wichtig zu sehen, dass heute übliche Strukturen wie Familienunternehmen nicht mehr ohne weiteres existieren könnten und falls doch, dann nur ein einem ehr kleinen, nicht-expansiven Maßstab. De Facto würde diese Unternehmensgattung also vermutlich in ihrer bekannten Form aussterben. Vielmehr müsste ohnehin ein Wandel beim Aufbau von Unternehmen hin zu einem sehr großen Anteil öffentlich gehandelter Gesellschaften stattfinden. Nur so können die nötigen Vermögensumschichtungen ausreichend effizient abgewickelt werden. Für Nostalgiker mag dieses Problem gravierend sein, in Wahrheit ist es aber erneut nur kulturell beziehungsweise historisch. Eine funktionierende Geschäftswelt mit fast ausschließlich öffentlich generiertem Eigenkapital ist nicht nur vorstellbar sondern auch umsetzbar.
Eine zweite Einschränkung findet sich in der neuen staatlichen Aufgabe der zeitnahen Wiederprivatisierung von zugeflossenen Anlagevermögen. Dies ist nötig um eine langfristige Tendenz zu eine staatszentrierten Wirtschaft mit einer Vielzahl an staatlich kontrollierten Betrieben zu verhindern und eine effizienten Gesamtwirtschaft zu erhalten. Das größte Problem bei einer Verpflichtung des Staates, bzw. des neu zu schaffenden zuständigen Staatsorgans für diesen Zweck, zur Reprivatisierung ist der Einfluss von marktseitigen Zyklen und damit verbundenen Preisschwankungen. Ignoriert man dieses Problem, so könnten durch große, zwangsweise Verkäufe, speziell in Rezessionsphasen, die Zyklizität des Marktes und die damit verbundenen Problem verstärken. Man muss dem staatlichen Organ hier also einen gewissen Spielraum lassen. Ist dieser jedoch zu groß, so kann es auch hier zu großen Problemen, gerade im Bereich der staatlichen Einflussnahme oder auch des Entstehens von spezifischen Transaktionskosten der langen Übergangszeit. Die richtige Abwägung zwischen zeitnaher Privatisierungspflicht und sinnvollen Spielräumen ist demnach ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
Ein heute nicht ganz unbekanntes, aber in einem System intergenerationeller Umverteilung verstärkt zu erwartendes, Phänomen ist die Manifestation nicht-personeller, kapitalseitiger Machtgefüge. Vereinfacht gesagt ist zu erwarten, dass die Akkumulation von Kapital in Konzernen noch einmal deutlich zunehmen würde und, obgleich diese juristischen Personen von stärker wechselnden Kapitalgebern gehalten würden, ihre Macht als Organisation auch über die Zeit konstant beibehalten würde. Wie gesagt ist dieses Problem heute auch schon präsent und durch die Möglichkeit der langfristigen Kontrolle der Konzerne durch verbundene Privatpersonen sogar noch problematischer einzuschätzen. Dennoch ist die Möglichkeit einer durch Superkonzerne maßgeblich kontrollierten Wirtschaft zu erwähnen und als kritischer Punkt unbedingt zu beachten. Eventuell ist ab einer bestimmten Größe hier also eine klassische Zerschlagungspolitik das Mittel der Wahl.
Zuletzt ist noch das Problem der Notwendigkeit von Globalität zu nennen. Hier ist die Situation ganz einfach. Ist das System nicht global implementiert, so werden Personen mit Kapital das Land verlassen, entweder sofort oder nachdem sie das System zum Aufbau ihres Vermögens benutzt haben. Diese Einschränkung ist zwar massiv aber sobald sie erfüllt ist nicht mehr in behindernder Art von Bedeutung. Es geht hier also in gewissen Maße entfernt auch nur um eine Art Transaktionskostenproblem.
Missbrauchsmöglichkeiten:
Im operativen Geschehen birgt das System aber auch, ebenso wie nahezu jedes bekannte System, einige beachtenswerte Missbrauchsmöglichkeiten. Speziell zu nennen sind hier staatsseitige und privatseitige Anfälligkeiten.
Auf Seiten der staatlichen Verwaltung gibt es natürlich durch die hohe Verantwortung, die der Staats- bzw. Finanzverwaltung bei der Vermögenstransition obliegt, eine noch größere Anfälligkeit für Korruption als in anderen Systemen. Die Erfordernis eines funktionierenden und durch diverse Kontrollmechanismen gekennzeichneten Verwaltungsapparats ist also obligatorisch für nachhaltigen Erfolg.
Auf Seiten der privaten Missbrauchsmöglichkeiten sehe Ich besonders ein heikles Phänomen, die illegale Vermögensübertragung. Dieser Begriff beschreibt eine Quasi-Steuerhinterziehung im weiteren Sinn und unter Beachtung der Implikationen einer intergenerationellen Umverteilung, eine Steuerhinterziehung im eigentlichen Sinn. Denn logischerweise müsste man als Konsequenz der neuen Regelung für die Aufteilung des Residualvermögens eines Verstorbenen auch Vermögensübergänge vor dem Ableben der Bürger neu regeln. Das heißt Schenkungen von nennenswerten Vermögensgegenständen oder gar Barvermögen müssen untersagt sein um Umgehungstatbestände zu verhindern. Investitionen in Güter und Dienstleistungen, die keine Vermögensgegenstände im weiteren Sinn darstellen, beispielsweise Bildung, zugunsten anderer sind aber logischerweise unbedenklich.
Das Gute an den Problemen der Missbrauchsmöglichkeiten ist, dass sie in ihrem Wesen ebenfalls friktionell sind, also nicht originäre Systemprobleme sondern vielmehr individuelle und z.T. situative Anfälligkeiten darstellen.
Vorteile:
Kommen wir nun zu den Vorteilen des hypothetischen Systems einer intergenerationellen Umverteilung, das wir soeben erdacht haben. Die Vorteile sind dabei weit wesentlicher und weniger punktuell als der Großteil der beschriebenen Nachteile. Dabei kann man gut zwischen vier großen vorteilhaften Aspekten differenzieren.
Allgemeiner Zuwachs an sozialer Gerechtigkeit:
Dieser Punkt ist besonders schnell erklärt und doch dabei so fundamental wichtig. Mehr Umverteilung bedeutet immer mehr Potenziale für soziale Gerechtigkeit. Insofern man eine mögliche Korruptionsproblematik kontrollieren kann bedeutet mehr Umverteilung auch faktisch eine größere soziale Gerechtigkeit. Da das Problem der negativen Anreizwirkung fiskalischer Umverteilung nicht mehr vorliegt kann durch dieses System erstmals ausreichend umverteilt werden, ohne dabei die wirtschaftliche Kraft der Volkswirtschaft zu bedrohen. Der Staat hat genug Mittel für die soziale Absicherung, Bildungs- und Strukturpolitik. Dennoch wird niemandem etwas von dem weggenommen, das er sich selbst erarbeitet hat.
Verringerung fiskalisch begründeter Demotivationswirkungen:
Ebenso zu beachten ist, dass, neben einer besseren Finanzierung der staatlichen Haushalte, auch eine Reduktion von Ertragsteuern möglich wird. So wäre es beispielsweise möglich erheblich einfachere Steuersysteme einzuführen, da die Bedeutung für die Staatsfinanzierung deutlich geringer ausfällt. Denkbar wäre beispielsweise eine Flat-Tex von 20-30 Prozent bei der Einkommensteuer. Man würde dadurch sowohl hohe Spitzensteuersätze vermeiden können, als auch ungerechte Phänomene wie eine kalte Progression beseitigen können. Diskussionen über Vermögenssteuern während des Lebens würden ohnehin völlig obsolet.
Veränderte Verhaltensanreize im Investitions- und Konsumprofil:
Hinsichtlich des Verhaltens der Erwerbspersonen selbst ist mit einer positiven Veränderung zu rechnen. Denn wenn man die kulturell bedingte Verhaltensimplikation der Vermögensweitergabe eliminiert, werden die Individuen ihr persönliches Investitions- und Konsumverhalten für ihre eigene Lebenszeit optimieren. Unabhängig davon, dass diese Lebenszeit eine nicht immer vorhersehbare Variable ist, sollte mit einer signifikant erhöhten Konsumneigung zu rechnen sein. Sprich, die Menschen werden mehr Geld für sich selbst ausgeben und eher mittelfristige Investitionsstile an den Tag legen. Zudem ist mit einer höheren allgemeinen Investitionsneigung in immaterielle Güter zu rechnen. Paradebeispiel wäre wohl die Bildung der eigenen Nachkommen oder vergleichbar abhängiger Personen.
Langfristige Stabilität:
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der hohen langfristigen Stabilität eines solchen intergenerationell umverteilenden Systems, ohne strukturelle Veränderungen der innergesellschaftlichen Makroverhältnisse (Vermögensverteilung, Zugang zu öffentlichen Gütern, allgemeiner Einfluss auf Entscheidungen). Diese Stabilität kann von den bekannten Systemen bekanntlich nicht erreicht werden. Kommunistische Systeme kollabieren notwendigerweise wirtschaftlich, herkömmlich umverteilende kapitalistische Systeme kollabieren zwar nicht, führen aber zu divergierenden sozialen Verhältnissen.
Fazit:
Wie bei komplexen Ansätzen üblich gibt es auch bei einem System intergenerationeller Umverteilung neben Vorteilen auch verschiedene Probleme.
Zudem ist zu sehen, dass die eben abgeschlossene Betrachtung höchstens in ferner Zukunft realisierbar sein wird. Zu groß sind die kulturellen Manifeste in den Köpfen der Menschen, die zudem in modernen Demokratien auch noch mitentscheiden. Hinzu kommen die massiven Wechselkosten. Beide Punkte machen einen ausreichend umfassenden Wechsel ohne Revolution undenkbar, und wer möchte schon eine Revolution.
Dennoch muss abschließend festgestellt werden, dass, wenn es gelänge das System zu implementieren und die kulturelle Prägung der Menschen zu überwinden bzw. umzuprägen, ein nicht nur umsetzbares und stabiles sondern vielmehr auch noch objektiv deutlich gerechteres System wäre. Zentrale soziale Probleme der heutigen sozialen Marktwirtschaften wären überwunden. Ein weiterer Schritt weg von Aristokratie, Brot und Spielen.
Zuletzt ist es noch wichtig anzumerken, dass Gerechtigkeit, eigentlich ein stark objektiver Wert oder Zustand, von jedem Individuum subjektiv wahrgenommen und eingeschätzt wird. Daher ist auch in einem objektiv gerechteren System davon auszugehen, dass die mikrokosmische Wahrnehmung ein differenzierteres Bild von Gerechtigkeiten zeichnet. Die Wertung dieser individuellen Einschätzungen geht indes tief in (gruppen-)psychologische Bereiche und muss daher von anderen spezieller beantwortet werden. Dies betrifft unter anderem die Frage, in welchem Ausmaß Menschen in einer objektiv gerechten Welt Kenntnis über die Objektivität dieser Gerechtigkeit haben möchten.
Zunächst einmal ist soziale Gerechtigkeit ein Begriff, bestehend aus zwei Worten. Dann ist es auch noch etwas Gutes - zumindest für eine sehr große Mehrheit der Menschen.. Doch abseits dieser einfachen Eingrenzungen ist der Begrifft schwammig, gar polymorph. Dies wiederum ist logisch, denn der betrachtete Begriff ist ein politischer. Freilich liegen linke Parteien bei der Häufigkeit der Verwendung tendenziell vorne, jedoch ist es rein die Semantik, dem Begriff kontextual beigefügt, welche seine aktuelle Bedeutung definiert. Zumindest für den Augenblick.
Ein Sozialist versteht darunter vermutlich eine möglichst absolute Gleichheit der Gesellschaft in wirtschaftlich aber auch politischer Hinsicht, ein Anhänger der freien Marktwirtschaft, dass jeder das erhält was er verdient, erarbeitet, erwirtschaftet hat. In der sozialen Marktwirtschaft als hybridem System zwischen diesen beiden Extremen, wie es beispielsweise in der Bundesrepublik Deutschland faktisch Anwendung findet, ist soziale Gerechtigkeit der Zustand eines optimalen Umverteilungsgrades, also einer idealen Ausgewogenheit zwischen der sozialen Gleichheit der Bevölkerungsschichten und der Möglichkeit durch eigene Leistung für sich, eigenen, vom Rest der Bevölkerung zunächst einmal differenzierten, Wohlstand zu schaffen.
Bei dieser Betrachtungsbreite fällt auf, dass eine wirtschaftliche Komponente bei der Begriffseingrenzung nicht von der Hand zu weisen ist und das wiederum erscheint nicht zufällig. Schließlich sind auf das politische und das ökonomische eng verbunden.
Die allgemeine Entwicklung hin zu dieser Idee eines Kompromisses der beiden extremen, jedoch auch, und das ist das faszinierende, beiderseits gerechten Vorstellungen ist gepflastert mit zahllosen Fehlern und Irrtümern. Auch dieser Umstand erscheint, speziell retrospektiv, logisch, denn beide Systeme für sich besitzen wie gesagt eine gewisse, überzeugende intrinsische Logik einer gerechten Welt.
Diskussion, Philosophie, Politik und Kriege - ganz nach Clausewitz die "Fortführung der Politik mit anderen Mitteln" - fanden in dem, aus dem scheinbaren gegenseitigen Ausschluss dieser beiden Sichtweisen erwachsenden, Konflikt einen potenten Nährboden.
Der zentrale Fehler aller Parteien in sämtlichen obig beschriebenen Formen der gesellschaftlichen oder außenpolitischen Auseinandersetzung, war ein kultureller. Ein kulturell bedingter Fehler so tief in uns Menschen verwurzelt, dass eine Überwindung dieses Fehlers auch heute noch unüberwindbar scheint. Selbst für uns, die wir das Problem begriffen haben und die Lösung kennen, doch wissen, dass jene profunde Prägung es praktisch unmöglich macht, in absehbarer Zeit die bekannte Lösung zu implementieren. Zumindest ohne eine gewaltsame Diktatlösung.
Bevor im Weiteren darauf eingegangen werden kann, ist es essentiell zu verstehen, welche grundsätzlichen Gerechtigkeitsgedanken den beiden extremen systematische Ansätzen für Staat und Gesellschaft, nämlich dem Sozialismus und der freien Marktwirtschaft, zugrunde liegen und welche Mechanismen und Fakten zu ihrem Versagen führen.
Weiter ist es auch wichtig zu verstehen, weshalb man in den heutzutage üblichen hybriden Realsystemen die Probleme und charakteristischen Entwicklungen beider Ansätze nur abschwächen und gegebenenfalls unter Inkaufnahme von Rigiditäten grob korrigieren kann.
Sozialismus als wirtschaftliches und politisches System:
Die grundsätzliche Problematik des Sozialismus liegt in der Natur des Menschen, nicht in der zugrunde liegenden Idee für die Ausgestaltung des politischen und ökonomischen Systems. Daher ist es zunächst nötig zu verstehen, welche grundsätzlichen Prinzipien im Zentrum des Ansatzes stehen und inwieweit sich das systemische Versagen des Systems darstellt. Ohne große Exkurse zu bemühen lässt sich der wesentliche Versagensgrund recht schnell zusammenfassen. Im Sozialismus soll der Mensch vergleichsweise gleichgeschaltet sein. Das Individuum, soll sich durch soziale Erfolge für die Gemeinschaft Bestätigung holen und von den anderen Individuen des Systems differenzieren, nicht durch ökonomischen Erfolg. Nun scheint es aber so, dass ökonomischer Erfolg dem sozialen Erfolg, zumindest in der polyindividuellen Wahrnehmung, mehr als deutlich überlegen ist. Einer der dominierenden Triebe des Menschen ist der Fortpflanzungstrieb. Dieser geht wiederum sehr stark mit der Motivation einher, sich selbst von potenziellen Mitbewerbern zu differenzieren. Zunächst eher durch physisch bedingte Erfolge wie die Jagd, später vermehrt durch abstraktere Mittel, wie beispielsweise Ertragskraft. Die narzisstische Vorstellung des Menschen, der sich selbst über den Status eines Tieres erhebt und dessen niedere Motivationsebene für sich ausschließt und obsolet erklärt, manifestiert sich in dieser Problematik sehr deutlich. Der Mensch ist noch sehr weit davon entfernt sich über urzeitliche Triebe und Instinkte erheben zu können und wird versuchen seinen ökonomischen Erfolg durch Nutzenmaximierung zu optimieren. (Natürlich ist die Nutzenmaximieren nicht absolut sondern unterliegt diversen individuellen, nicht-pekuniären Nebenbedingungen. Dennoch bleibt sie in ihrem Wesen maßgeblich.)
Neben dem Fortpflanzungstrieb ist auch der Überlebensinstinkt von nennen, bedingt er doch gewissermaßen die Nichtsättigung im Verhalten des Menschen und damit in gewisser Weise auch die Gier des Menschen nach bestimmten Sicherheitszuständen und ihren Güteräquivalenten.
Der dabei zentrale und entscheidende Faktor ist also die Nutzenmaximierungsprämisse und deren Implikationen bezüglich des Opportunitätskalküls und teilweise auch in der gewissen Nichtsättigungstendenz des Konsumenten. Paradox daran ist, dass der Mensch selbst wohl eines der intuitivsten Beispiele für instinktives, nutzenmaximierendes Verhalten ist und man es einfach so sagen kann: Der Mensch ist aufgrund seiner Natur nicht für ein planwirtschaftliches System geeignet. Der Mensch wird in einem System, in dem Leistung und Nichtleistung ökonomisch vergleichbar erfolgreich sind, demnach also keinerlei Anreizkompatibilität besteht, nicht die ausreichende Innovationskraft und Gesamtleistung aufbringen um das wirtschaftliche System nachhaltig aufrechtzuerhalten. (Dabei ist die kurzfristige Stabilisierbarkeit solcher Systeme durch Zwang noch nicht berücksichtigt. Dieser Umstand ist für die ökonomische Untersuchung der sozialen Gerechtigkeit jedoch auch nicht von elementarer Bedeutung).
Festzuhalten bleibt, dass es einen deutlichen Sprung in der sozialen Entwicklung der Menschheit in ihrer Gesamtheit bedarf, um ein funktionierendes und gerechtes sozialistisches System zu implementieren. Es ist jedoch zumindest fraglich ob der Mensch, ob seiner tiefsten natürlichen Prägung, überhaupt fähig ist eine solche Entwicklung zu vollziehen.
Jedoch gibt es in diesem Kontext auch eine gewichtige Einschränkung anzubringen. Denn im Endeffekt funktionieren solche Systeme bereits. Man muss nur mal über seine eigene Familie oder sonstige kleine Gruppen nachdenken und man wird feststellen, dass innerhalb dieser Strukturen, aufgrund ihrer besonderen Eigenschaften wie familiärer Zugehörigkeit, sehr wohl eine Art Sozialismus funktioniert (inwieweit langfristige Pläne erstellt werden ist eigentlich irrelevant, da auch deren Dauer auf die Verkleinerung der Gemeinschaft herunter zu rechnen ist). Soll heißen, dass ein sozialistisches System in Mikrokosmen mitunter auch langfristig möglich ist, allerdings die Wahrscheinlichkeit der Langfristigkeit mit der Zunahme der Individuen abnimmt.
Problematisch hierbei bleibt, dass planwirtschaftliche Systeme maßgeblich darauf aufbauen, dass man sich sogenannter "Verbundvorteile " bedient, womit schlichtweg Synergieeffekte gemeint sind (die allerdings paradoxerweise, aufgrund von Staatsversagen, irgendwann in aller Regel in fallenden Skalenerträgen resultieren). Wenn nun allerdings die Verbundvorteile ausgenutzt werden, leidet die Stabilität des Systems erheblich, was wiederum externe stabilisierende Maßnahmen bedingt. Das heißt nichts anderes, als dass der Sozialismus, nach heutigem Stand der Menschheitsentwicklung, zumindest auf Staatsebene, die Diktatur als notwendige Bedingung hat.
(Außerdem noch ein kleiner Denkanstoß: Wenn eine Fusion aller Unternehmen sämtliche externen Effekte effizient internalisiert , wieso produziert es dann an der Kapazitätsgrenze. Interessanterweise schafft sich ein planwirtschaftliches System, aufgrund der fehlenden Gewinnmaximierungsprämisse im Unternehmen, durch die Internationalisierungsmaßnahme einen riesigen externen Effekt. Die Theorie der externen Effekte versagt hier also)
Freier Kapitalismus als wirtschaftliches System:
Die sogenannte freie Marktwirtschaft stellt den anderen Pol in der bestehenden politökonomischen Systematik. Sie stellt den Gegensatz zur vollkommenen ökonomischen Gleichstellung des Sozialismus dar und stützt sich auf die Differenzierung durch Leistung.
Die Logik und die damit verbundenen Vorteile liegen klar auf der Hand. Ein Individuum, das leistet soll auch leistungsadäquat dafür belohnt werden. Wer also etwas erfindet soll den ökonomischen Vorteil daraus ziehen können. Innovationskraft und Risikobereitschaft haben einen wesentlich höheren Pay-off als das bloße Anbieten der eignen Leistungsfähigkeit gegen eine fixe oder variable Kompensation ohne (nennenswerte) Residualansprüche.
Exkurs - Soziale Gerechtigkeit im Verhältnis Arbeitnehmer-Unternehmer:
Betrachtet man das Verhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern grundsätzlich, so muss es logisch sein, dass ein Unternehmer einen größeren Teil der Gewinne erhält. Es ist schließlich der Unternehmer, der seine individuelle und persönliche Risikoexposition erhöht wenn er unternehmerisch tätig wird. Obgleich eine gewisse Verantwortung des Unternehmers für seine Belegschaft selbstverständlich gewahrt werden muss, so ist es der Unternehmer der den Arbeitsplatz im Rahmen seiner Risikobereitschaft schafft. Und hier irrt die sozialistische Ideologie wenn sie fordert, die Arbeiterschaft müsse den Großteil der (physisch) von ihr erwirtschafteten Erträge - den Mehrwert - erhalten. Der Arbeiternehmer ist leistungsadäquat zu entlohnen, sprich gerecht, jedoch nicht darüber hinaus. Soziale Gerechtigkeit kann hier nur heißen, dass der Arbeitnehmer objektiv gerecht für seine erbrachte Leistung entlohnt wird und der Unternehmer alle Residualgewinne für sich behalten darf, egal wie hoch sie ausfallen, denn dieser unsichere Ertrag ist die, im Vorhinein ungewisse, Entlohnung seiner Risikoexposition.
(Die Diskussionswürdigkeit der Unternehmerschaft von Konzernen i.S.d. obigen Ausführungen soll hier, aus Gründen der thematischen Kompaktheit, nicht weiter betrachtet werden).
Ende des Exkurses
Die Nachteile der kapitalistischen Systeme liegen insbesondere in ihrer Manifestationsneigung. Solange alle Individuen eine annähernd gleiche Kapitalausstattung und damit in gewisser Weise auch Ertragskraft haben, sind die Probleme gering. Die unterschiedlichen Leistungsfähigkeiten führen jedoch automatisch zu einer Ungleichverteilung der Vermögen. Diese Umverteilung ist einerseits extrem in ihrer Ausprägung und andererseits auch exponentiell in ihrer Entwicklung. Denn Vermögen erhöht die Leistungsfähigkeit und erleichtert den Zugang zu externer Leistungsfähigkeit sowie zu Ertragsquellen, die eine gewisse Vermögensakkumulation für ihre Erschließung voraussetzen. Ein weiteres Problem ist die naturgemäße Ungleichverteilung von Leistungsfähigkeit. Will man keine evolutionsbiologische Auslese in der menschlichen Gemeinschaft, so stellt sich hier die Frage, wie dieser Ungleichverteilung kompensatorisch beizukommen ist.
Der totale Kapitalismus und auch etwas schwächer ausgeprägte Formen der freien Marktwirtschaft führen also zu extremen Vermögensverteilungsdisparitäten (empirischer Nachweis: hohe Gini-Koeffizienten), Armut in großen Bevölkerungsteilen, faktisch existenziellen Abhängigkeiten sowie massiven zyklischen Verwerfungen im ökonomischen und sozialen Leben.
(Dieser Abschnitt beschränkt sich mit Absicht nur auf die für die weiteren Ausführungen relevanten Sachverhalte. Für einen Einstieg in die weiterführende Kritik am totalen Kapitalismus empfehle Ich „Das Kapital“ von Karl Marx, das auch heute noch die Lektüre Wert ist. Natürlich unter Berücksichtigung einer adäquaten historischen Einordnung)
(Zudem: Die aktuell diskutierten Veränderungen hinsichtlich der Ausgestaltung von Konjunkturzyklen und den klassischen Marktmodellen auch bezogen auf eine Großzahl an quasimonopolistischen Konzernen ist hier nicht weiter behandelt.)
Zieldisparitäten und hybride Systeme:
Immer vorausgesetzt es geht bei der Betrachtung nur um ökonomische Gerechtigkeitsaspekte und nicht um andere Aspekte wie Rechtstaatlichkeit, so lassen sich die zentralen Punkte zur Implementierung eines gerechten Systems auf zwei Kernelemente zusammenfassen: Anreizkompatibilität und Umverteilung.
Nun erscheint es so als ob, zumindest in bestimmten Teilen, diese beiden Elemente einem systematischen Zielkonflikt ausgesetzt sind. Schließlich dämpft Umverteilung einen, rein pekuniär ausgedrückten, Leistungsanreiz um jenen Betrag, den das empfangende Subjekt durch selbige erhält. In Zahlen ausgedrückt ergibt sich also folgende einfache Rechnung. Angenommen es gibt in einem Staats zwei Haushalte. Beide Haushalte benötigen 20 Werteinheiten zur Bestreitung seiner sämtlichen Bedürfnisse . Ein Haushalt wird 35 Werteinheiten als eigene Leistung erwirtschaften, die Leistung des anderen Haushalts steht noch nicht fest. Die Überschüsse über den eigenen Bedarf stehen der Gemeinschaft zur Verfügung. Der zweite Haushalt erhält nun beispielsweise diese 15 Werteinheiten als Transferleistungen im Rahmen der Umverteilung, so ist der ursprüngliche Anreiz zur Erwirtschaftung von 20 Einheiten ohne Umverteilung um diese 15 Einheiten gemindert. Diesen Umstand wird der betroffene Haushalt, vorausgesetzt die plausible Annahme gelte, dass die Umverteilung Pfadabhängigkeiten (speziell nach der ursprünglichen, nicht gleichen, Verteilung der Vermögen und Ertragsquellen) folgt und somit nicht zufällig ist, diesen Umstand erwarten und bereits ex-ante bei seiner Entscheidungsfindung internalisieren. Die zu erwartende Eigenleistung des Haushalts entspricht demnach 5 Werteinheiten. Dies ist insbesondere wahr, als einerseits die wirtschaftliche Forschung schon seit längerem den Gedanken eines rein gewinnmaximierenden Individuums fallen lassen musste und andererseits die Höhe der Umverteilung plausibler Weise an die gesamte Einkommenssumme des Haushaltes gekoppelt ist und sensitiv auf die eigene Haushaltsleistung reagiert. Gleichzeitig reduziert sich aber auch der Anreiz des ersten Haushalts mehr als 20 Einheiten zu erwirtschaften.
Natürlich ist dieses einfache Beispiel realitätsfremd. Die Implikationen die es aufzeigt sind gerade in modernen Staatssystemen und einer großen Anzahl an Haushalten jedoch sehr real.
Die Problematik beider Systeme, sowie das Spannungsverhältnis von Umverteilung und Anreizkompatibilität sind klar.
Ein aktuell vergleichsweise erfolgreicher Lösungsansatz dieses Konfliktes sind die hybriden Systeme, oft auch soziale Marktwirtschaften genannt.
Das Problem bei den sozialen Marktwirtschaften ist, dass sie es zwar vergleichsweise gut schaffen die Nachteile der beiden polaren Systeme abzumildern, jedoch nicht beseitigen können. So führt auch ein hybrides System langfristig fast zweifelsohne zu einem Auseinanderdriften von positiven und negativen Vermögenskonzentrationen. Bei den vermögensfernen Schichten entsteht dabei oft eine zumindest gefühlte, oft aber auch eine tatsächliche Ohnmachtssituation, welche erneut die Probleme in Bezug auf Umverteilung und Anreizsituation hervorbringt. Dies ist insbesondere bei (wiederholten) ökonomischen Schocks der Fall. Langfristig werden die Systeme also immer instabiler und zwar sowohl ökonomisch wie politisch und können somit nicht die Krone der sozialen Gerechtigkeit darstellen. Ein wichtiger Aspekt ist hierbei, dass jene, die im Falle einer Krise aktuell die größere Vermögensakkumulation besitzen den daraus resultierenden Einfluss nutzen werden um individuelle Verluste oder Verlustrisiken auf die Allgemeinheit, also den Staat, zu verteilen. In der langen Frist manifestieren sich durch dieses Verhalten nämlich nicht nur die Machtverhältnisse der Bevölkerungsgruppen, sondern auch die öffentliche Gesamtschuld, welche den Druck auf die ärmeren Schichten überproportional erhöht. Dies geschieht sowohl indirekt durch die eigentliche Schuldenlast und indirekt über eine größere Instabilität und Inflexibilität der öffentlichen Hand. Empirisch zeigt sich dieser indirekte Druck beispielsweise durch den Zusammenhang zwischen Staatsverschuldung und Arbeitslosigkeit.
Letztendlich wird also klar, dass eine Lösung des Problems im Rahmen der heutigen Lösungsansätze nicht zu erwarten ist.
Kommen wir folglich zurück auf die zuvor aufgestellte Hypothese, das Problem sei seinem grundsätzlichen Wesen nach ein kulturelles.
Die Begründung ist sehr einfach und eigentlich geradezu intuitiv. Dennoch reagieren die meisten Menschen, so habe ich das in vielen Gesprächen festgestellt, sehr ablehnend und mitunter aggressiv, sobald sie erstmalig mit ihr konfrontiert werden. Zumindest anfänglich und ohne weitere Erläuterungen. Nach einer gewissen Diskussionszeit nimmt der Anteil derjenigen, welche den Vorschlag als tatsächlich gerecht erachten deutlich zu. Dies ist auch ein erster Hinweis auf ein zentrales Problem (nicht nur in diesem Kontext). Der Mensch liebt seine Paradigmen.
Das Hauptproblem hingegen ist ein kulturelles, weil die Lösung nicht in einer intragenerationellen Umverteilung liegt, sondern in einer intergenerationellen Umverteilung.
Zwar würde sich das Problem der Wirkung der Umverteilung auf Seite des Umverteilungsempfängers nicht gänzlich lösen lassen, das Problem auf der Seite des Umverteilungsgebers würde aber fast gänzlich ausgehebelt.
Nun kommen wir zum eigentlichen Problem dieses Ansatzes. Durchaus bewusst noch bevor überhaupt alle Vorteile dargelegt wurden. Der aktuelle Status Quo bezüglich der Verteilung des Kapitals sowie unsere Jahrtausende alte Prägung darauf, dass die Weitergabe des eigenen Besitzes an die eigenen Nachkommen das einzig logische Verhalten ist, werden auf absehbare Zeit verhindern, dass sich dieses neue, überlegene System der sozialen Organisation von Staats und Gesellschaft durchsetzt und etabliert. Zu groß sind die Hindernisse und nötigen Veränderungen im Hinblick auf Rechtssystem, Wirtschaftsverkehr und Sozialgefüge.
Dennoch wären sämtliche Umstellungen nur groß und nicht unmöglich. Alle Neuregelungen wären fremd und detailliert aber nicht detaillierter und absurder als so viele aktuell geltende Regelungen. Man denke nur an das deutsche Steuerrecht. Vermutlich wären viele Regelungen sogar mehr als nur graduell effizienter.
Der vom Menschen zu vollziehende Wandel ist demnach ein kultureller. Eine Kultur in der die Weitergabe des einen Vermögens und Besitzes an die Gemeinschaft der Normalfall ist, kennt keine Empörung der hypothetisch Erbberechtigten weil diese, auch ihrem eigenen kulturellen Verständnis nach, nie einen Anspruch auf dieses Vermögen hatten. Nichtsdestotrotz bleibt die Problematik des kulturellen Status Quo eine entscheidende, weil eine faktische.
Intergenerationelle Umverteilung und soziale Gerechtigkeit:
Nachdem nun, hoffentlich in beidseitig ausreichender Knappheit, klar geworden ist, welche Ansätze sich einerseits gegenüberstehen und welche faktischen Umweltzustände nachdrückliche Relevanz für die Thematik innehaben, so können sich die weiteren Ausführungen darauf konzentrieren, inwieweit sich die formulierte Hypothese bezüglich der Ausgestaltung der Umverteilungspolitik darstellt und welche Vorteile, Nachteile, Folgen sowie Implikationen daraus erwachsen.
Werfen wir dafür zunächst noch einmal einen kleinen Blick auf den Status Quo der fokussiert intragenerationellen Umverteilung, wie sie aktuell weltweit gepflegt wird. Dazu muss man sich zunächst einen groben Überblick über die verschiedenen Ausgestaltungen und Möglichkeiten des gängigen innergesellschaftlichen Umverteilungsmechanismus, also des Steuersystems, verschaffen. Es reicht dabei zu bemerken, dass es zwei große Gruppen von Steuern gibt. Die Ertragsteuern auf der einen und die Verkehrs- und Verbrauchssteuern auf der anderen Seite. Ertragsteuern besteuern vereinfacht gesagt einen gewissen erwirtschafteten Betrag, sei es durch ein Angestelltenverhältnis, eine selbstständige Tätigkeit oder eine vergleichbare Ertragserzielung. Beispiele für Ertragsteuern sind die Einkommensteuer, die Körperschaftsteuer oder auch die Gewerbesteuer. Verkehrssteuern hingegen besteuern bestimmte Aktionen im wirtschaftlichen Verkehr, wobei mit „wirtschaftliche Verkehr“ primär ein Zahlungs- oder Güterstrom gemeint ist. Auslöser der Besteuerung ist demnach, ganz stupide ausgedrückt, ein Vorgang und kein Ergebnis. Beispiele für Verkehrssteuern sind die Umsatzsteuer, die Mineralölsteuer, die Schenkungs- und natürlich auch die Erbschaftssteuer. Beide Steuergruppen tragen auf ihre Weise zur Umverteilung bei und sind, ihrem Wesen als Steuer gemäß, prinzipiell nicht zweckgebunden. Betrachtet man genauer was auf Seiten des Steuersubjekts besteuert wird, so belasten Ertragsteuern auf der einen Seite den Besteuerten in Bezug auf seine erbrachte Leistung und Verkehrssteuern in Bezug auf seinen Konsum oder einen Vermögensübergang. Im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit ist eine allgemeine, adäquate und ausgewogene Besteuerung des Konsums unbedenklich und wird dementsprechend nur sehr hintergründig eine Rolle spielen. Speziell eine Besteuerung von nicht existenzrelevanten Gütern und Dienstleistungen, also eine sogenannte Luxusbesteuerung, ist grundsätzlich unproblematisch solange sie keine konjunkturellen Verwerfungen bedingt.
Zieht man nun die Gerechtigkeitsperspektive heran, so sind speziell die hohen Einkommensteuersätze sowie die Erbschaftsteuer interessant. Beide Steuern bieten sehr viele Ansatzpunkte für Diskussion und Reibung und führen nicht selten zu Debatten über Gerechtigkeit. Beginnen wir mit der Einkommensteuer denn hier ist der Fall relativ einfach. Diejenigen die eine Leistung erbringen empfinden eine Besteuerung ungerecht. Nicht absolut aber eine über eine bestimmte Grenze, bis zu der eine Besteuerung ob der wahrgenommenen Besteuerungslogik Sinn macht, hinausgehende Besteuerung wird als negativ wahrgenommen und hat dadurch mitunter auch eine leichte negative Anreizwirkung auf die Leistungserbringung. Dies betrifft insbesondere den Grenznutzen der Leistungserbringung in der deutschen Progressionsbesteuerung aber auch mit einem sehr hohen, pauschalisierten Steuersatz besteuerte Erträge. Dennoch gibt es, durchaus und speziell aufgrund eines Mangels an Alternativen begründet, gewichtige Gegenargumente. So ist eine leistungsbezogene Besteuerung durchaus sinnhaft, denn wer mehr leisten kann muss auch, solange die Bedingung gilt, dass zusätzliche Leistung nicht komplett abgeschöpft wird, mehr leisten. So funktioniert eine gerechte Gesellschaft in den meisten, heute implementierten Fällen. Wer hier anders argumentiert muss sich bewusst sein, dass er sich prinzipiell gegen Gerechtigkeit entscheidet, denn ob sich eine sozial gerechte Gesellschaft daran bemessen kann, die Leistung eines Krankenpflegers oder einer Bäckerin unter jene eines Bankdirektors zu stellen ist fraglich. Denn um das noch einmal klar zu sagen, Leistung meint hier Entlohnung, also Leistung aus Steuersicht und nicht Leistung i.e.S. Da es hier aber nicht weiter um leistungsadäquate Entlohnung gehen soll wird auf eine weitere Betrachtung dieser Thematik verzichtet.
Bei der Erbschaftsteuer beginnt hingegen die volle Wirkung unserer kulturellen Prägung zur Entfaltung zu kommen. Der Disput über Gerechtigkeit ist hier nämlich eigentlich dermaßen absurd, dass es schon sehr verwundert, wie stark die Position jener ist, die argumentieren es sei unfair, dass der Vermögensübergang von einem Individuum, im Falle dessen Todes, auf einen anderen überhaupt besteuert wird und dann auch noch so hoch. Man muss sich hier einmal eines wichtigen Mittels jeglicher Analyse bedienen, der Objektivität. Tut man dies, so kommt man schnell zu zwei Punkten. Erstens dem Umstand einer ungerecht hohen Besteuerung und zweitens zu der Frage, inwieweit das zu besteuernde Ergebnis, respektive der zu besteuernde Vorgang, gegenüber dem Bedürfnis nach und dem daraus abgeleiteten Anspruch auf eine innergesellschaftliche Umverteilung exponiert ist.
Diese beiden Punkte stehen naturgemäß ebenfalls in einem Spannungsverhältnis. Betrachten wir zunächst die Beispiele einer Ertrags- sowie einer Verkehrssteuer. Bei der Einkommensteuer als Ertragsteuer wirkt die Auswirkung einer (zumindest empfunden) ungerecht hohen Steuer trivial. Mit steigender Steuerbelastung steigt der Anreiz die Erträge gar nicht zu versteuern. Es bilden sich graue Märkte und die realisierten Steuererträge des Staates sinken mit einem steigenden Steuersatz. Dies ist plausibel. Nimmt man zum Beispiel einen Steuersatz von 100% so ist eine Summe an versteuerten Einkommen von 0 Euro zu erwarten. Das Ergebnis der Nichtleistung steht für den Leistenden also dem Ergebnis der Leistung gleich. Im Falle einer Verkehrsteuer, wie der Umsatzsteuer zeigt sich ein anderes Bild: Die Steuer hat grundsätzlich eine andere Wirkung. Steuersätze von über 100% Prozent sind möglich und solange der Steuersatz einheitlich gilt, bestimmt er lediglich das Preisniveau und den Steueranteil am privaten Konsum. Verbrauchsteuern sind oft sogenannte Pigou-Steuern und erfüllen einen Lenkungszweck.
Kommt man zurück zur Erbschaftssteuer, welche, im Rahmen der weiteren Überlegungen, als Verkehrssteuer eingeordnet wird. Im Gegensatz zur Umsatzsteuer ist die Erbschaftssteuer eine Substanzsteuer, im Gegensatz zur Einkommensteuer ist sie aperiodisch. Als eine ungerecht hohe Besteuerung werden hier in der Regel bereits Sätze von 10-15% angesehen. Dieser Umstand ist vorwiegend kultureller Natur. Die Erbschaft selbst stellt das Residuum der Lebensleistung addiert zum selbst ererbten Vermögen, zuzüglich daraus derivativer Kapitalerträge, dar. Die Erbschaftssteuer ist der Verteilungsschlüssel der Aufteilung dieses Residuums zwischen den Erben und der Gesellschaft (mittelbar über den Staat; Probleme der staatlichen Effizienz bleiben vorerst ohne Betrachtung). Hier stellt sich nun die Frage welche Aufteilung ist sozial, also gesamtgesellschaftlich, gerecht.
Wägt man nun eine Erhöhung der Einkommensteuer gegen eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ab, so muss man, auch unter Berücksichtigung der beschriebenen Logik der Gerechtigkeit von Besteuerung, zu dem Ergebnis kommen, dass eine Erhöhung der Erbschaftssteuer eindeutig gegenüber einer Erhöhung der Einkommensteuer vorzuziehen ist, da letzte nicht die Leistung des Leistungserbringers besteuert, sondern den leistungsunabhängigen, mitunter willkürlichen Vermögenszuwachs eines, bezogen auf den konkreten Sachverhalt, Nichtleistenden. Ich würde dabei sogar so weit gehen, dass eine Erhöhung der Erbschaftsteuer zu Gunsten einer Einkommensteuersenkung, bei gleichbleibendem Gesamtsteuerertrag, kardinal vorrangig ist. Dies gilt auch noch bei einem Erbschaftssteuersatz von 100% abzüglich gewisser Entschädigungen für erbrachte Dienste (insofern nicht bereits adäquat abgegolten) sowie eines gewissen Freibetrags, welcher vor prekären Situationen und der Nichtberücksichtigung außergewöhnlicher Belastungen schützen soll. Spinnt man diesen Gedanken nun zu Ende, so gelangt man zu dem Schluss, dass eine gerechte Situation vorsehen muss, dass der Nichtleistende von vorne herein keinen Erbanspruch besitzt und es demnach auch keinen Grund zur Besteuerung gibt. Dass wir nicht in einer Gesellschaft leben, in welcher das Nichtbestehen dieses Anspruches der Status Quo ist, stellt die kulturelle Problematik einer gerechteren, intergenerationellen Umverteilungspolitik dar.
Der erste Hauptsatz der intergenerationell-umverteilungsorientierten sozialen Gerechtigkeit ist folglich:
Die Besteuerung von willkürlichem Vermögenszuwachs und Allokationsentscheidungen ist einer Besteuerung von Leistung kardinal vorzuziehen.
Der zweite Hauptsatz wiederum lautet:
Ist eine Besteuerung von 100% einer Substanz objektiv gerecht, so ist das Nicht-Bestehen eines Anspruches auf selbige von vorneherein logisch und eine dementsprechende Regelung alternativlos.
Nachteile:
Natürlich gibt es, wie bei jedem politökonomischen System, auch kritische Punkte und zu überwindende Nachteile bei dem vorgeschlagenen System. Diese sind zwar teilweise systemimmanent, jedoch keinesfalls gravierender als die Nachteile und Probleme der bestehenden und vergangenen Systeme, lediglich von ungewohnterer Natur. Man kann hier wieder zwei Arten von Problemen unterscheiden. Die Transition zwischen dem bestehenden und dem neuen System betreffende Probleme (wechselbedingte Probleme) auf der einen, und systemimmanente Probleme (operative Probleme) auf der anderen Seite. Ein Beispiel für ein wechselbedingtes Problem ist, neben den massiven kulturellen Umstellungen, die Masse an weitrechenden notwendigen Änderungen bei wirtschaftlichen und speziell juristischen Strukturen. Da eine Erörterung dieser Problematiken jedoch keinen Einblick in die Wirkungsweisen eines eingeführten, intergenerationell umverteilenden Systems gibt, soll im Rahmen dieser Ausführungen zunächst auf weitere diesbezügliche Erläuterungen verzichtet werden.
Die operativen Problemstellungen sind weit interessanter. Schließlich betreffen diese die laufenden, systemimmanenten Einschränkungen, Friktionen sowie Missbrauchsmöglichkeiten des Systems nach einer vollständigen Implementierung.
Systemimmanente Einschränkungen:
Zunächst sind da also die zu beachtenden systemischen Einschränkungen und Reibungspunkte. In dieser Gruppe müssen zur Wahrung einer ausgewogenen Darstellung besonders vier Punkte angesprochen werden.
Zunächst ist es wichtig zu sehen, dass heute übliche Strukturen wie Familienunternehmen nicht mehr ohne weiteres existieren könnten und falls doch, dann nur ein einem ehr kleinen, nicht-expansiven Maßstab. De Facto würde diese Unternehmensgattung also vermutlich in ihrer bekannten Form aussterben. Vielmehr müsste ohnehin ein Wandel beim Aufbau von Unternehmen hin zu einem sehr großen Anteil öffentlich gehandelter Gesellschaften stattfinden. Nur so können die nötigen Vermögensumschichtungen ausreichend effizient abgewickelt werden. Für Nostalgiker mag dieses Problem gravierend sein, in Wahrheit ist es aber erneut nur kulturell beziehungsweise historisch. Eine funktionierende Geschäftswelt mit fast ausschließlich öffentlich generiertem Eigenkapital ist nicht nur vorstellbar sondern auch umsetzbar.
Eine zweite Einschränkung findet sich in der neuen staatlichen Aufgabe der zeitnahen Wiederprivatisierung von zugeflossenen Anlagevermögen. Dies ist nötig um eine langfristige Tendenz zu eine staatszentrierten Wirtschaft mit einer Vielzahl an staatlich kontrollierten Betrieben zu verhindern und eine effizienten Gesamtwirtschaft zu erhalten. Das größte Problem bei einer Verpflichtung des Staates, bzw. des neu zu schaffenden zuständigen Staatsorgans für diesen Zweck, zur Reprivatisierung ist der Einfluss von marktseitigen Zyklen und damit verbundenen Preisschwankungen. Ignoriert man dieses Problem, so könnten durch große, zwangsweise Verkäufe, speziell in Rezessionsphasen, die Zyklizität des Marktes und die damit verbundenen Problem verstärken. Man muss dem staatlichen Organ hier also einen gewissen Spielraum lassen. Ist dieser jedoch zu groß, so kann es auch hier zu großen Problemen, gerade im Bereich der staatlichen Einflussnahme oder auch des Entstehens von spezifischen Transaktionskosten der langen Übergangszeit. Die richtige Abwägung zwischen zeitnaher Privatisierungspflicht und sinnvollen Spielräumen ist demnach ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg.
Ein heute nicht ganz unbekanntes, aber in einem System intergenerationeller Umverteilung verstärkt zu erwartendes, Phänomen ist die Manifestation nicht-personeller, kapitalseitiger Machtgefüge. Vereinfacht gesagt ist zu erwarten, dass die Akkumulation von Kapital in Konzernen noch einmal deutlich zunehmen würde und, obgleich diese juristischen Personen von stärker wechselnden Kapitalgebern gehalten würden, ihre Macht als Organisation auch über die Zeit konstant beibehalten würde. Wie gesagt ist dieses Problem heute auch schon präsent und durch die Möglichkeit der langfristigen Kontrolle der Konzerne durch verbundene Privatpersonen sogar noch problematischer einzuschätzen. Dennoch ist die Möglichkeit einer durch Superkonzerne maßgeblich kontrollierten Wirtschaft zu erwähnen und als kritischer Punkt unbedingt zu beachten. Eventuell ist ab einer bestimmten Größe hier also eine klassische Zerschlagungspolitik das Mittel der Wahl.
Zuletzt ist noch das Problem der Notwendigkeit von Globalität zu nennen. Hier ist die Situation ganz einfach. Ist das System nicht global implementiert, so werden Personen mit Kapital das Land verlassen, entweder sofort oder nachdem sie das System zum Aufbau ihres Vermögens benutzt haben. Diese Einschränkung ist zwar massiv aber sobald sie erfüllt ist nicht mehr in behindernder Art von Bedeutung. Es geht hier also in gewissen Maße entfernt auch nur um eine Art Transaktionskostenproblem.
Missbrauchsmöglichkeiten:
Im operativen Geschehen birgt das System aber auch, ebenso wie nahezu jedes bekannte System, einige beachtenswerte Missbrauchsmöglichkeiten. Speziell zu nennen sind hier staatsseitige und privatseitige Anfälligkeiten.
Auf Seiten der staatlichen Verwaltung gibt es natürlich durch die hohe Verantwortung, die der Staats- bzw. Finanzverwaltung bei der Vermögenstransition obliegt, eine noch größere Anfälligkeit für Korruption als in anderen Systemen. Die Erfordernis eines funktionierenden und durch diverse Kontrollmechanismen gekennzeichneten Verwaltungsapparats ist also obligatorisch für nachhaltigen Erfolg.
Auf Seiten der privaten Missbrauchsmöglichkeiten sehe Ich besonders ein heikles Phänomen, die illegale Vermögensübertragung. Dieser Begriff beschreibt eine Quasi-Steuerhinterziehung im weiteren Sinn und unter Beachtung der Implikationen einer intergenerationellen Umverteilung, eine Steuerhinterziehung im eigentlichen Sinn. Denn logischerweise müsste man als Konsequenz der neuen Regelung für die Aufteilung des Residualvermögens eines Verstorbenen auch Vermögensübergänge vor dem Ableben der Bürger neu regeln. Das heißt Schenkungen von nennenswerten Vermögensgegenständen oder gar Barvermögen müssen untersagt sein um Umgehungstatbestände zu verhindern. Investitionen in Güter und Dienstleistungen, die keine Vermögensgegenstände im weiteren Sinn darstellen, beispielsweise Bildung, zugunsten anderer sind aber logischerweise unbedenklich.
Das Gute an den Problemen der Missbrauchsmöglichkeiten ist, dass sie in ihrem Wesen ebenfalls friktionell sind, also nicht originäre Systemprobleme sondern vielmehr individuelle und z.T. situative Anfälligkeiten darstellen.
Vorteile:
Kommen wir nun zu den Vorteilen des hypothetischen Systems einer intergenerationellen Umverteilung, das wir soeben erdacht haben. Die Vorteile sind dabei weit wesentlicher und weniger punktuell als der Großteil der beschriebenen Nachteile. Dabei kann man gut zwischen vier großen vorteilhaften Aspekten differenzieren.
Allgemeiner Zuwachs an sozialer Gerechtigkeit:
Dieser Punkt ist besonders schnell erklärt und doch dabei so fundamental wichtig. Mehr Umverteilung bedeutet immer mehr Potenziale für soziale Gerechtigkeit. Insofern man eine mögliche Korruptionsproblematik kontrollieren kann bedeutet mehr Umverteilung auch faktisch eine größere soziale Gerechtigkeit. Da das Problem der negativen Anreizwirkung fiskalischer Umverteilung nicht mehr vorliegt kann durch dieses System erstmals ausreichend umverteilt werden, ohne dabei die wirtschaftliche Kraft der Volkswirtschaft zu bedrohen. Der Staat hat genug Mittel für die soziale Absicherung, Bildungs- und Strukturpolitik. Dennoch wird niemandem etwas von dem weggenommen, das er sich selbst erarbeitet hat.
Verringerung fiskalisch begründeter Demotivationswirkungen:
Ebenso zu beachten ist, dass, neben einer besseren Finanzierung der staatlichen Haushalte, auch eine Reduktion von Ertragsteuern möglich wird. So wäre es beispielsweise möglich erheblich einfachere Steuersysteme einzuführen, da die Bedeutung für die Staatsfinanzierung deutlich geringer ausfällt. Denkbar wäre beispielsweise eine Flat-Tex von 20-30 Prozent bei der Einkommensteuer. Man würde dadurch sowohl hohe Spitzensteuersätze vermeiden können, als auch ungerechte Phänomene wie eine kalte Progression beseitigen können. Diskussionen über Vermögenssteuern während des Lebens würden ohnehin völlig obsolet.
Veränderte Verhaltensanreize im Investitions- und Konsumprofil:
Hinsichtlich des Verhaltens der Erwerbspersonen selbst ist mit einer positiven Veränderung zu rechnen. Denn wenn man die kulturell bedingte Verhaltensimplikation der Vermögensweitergabe eliminiert, werden die Individuen ihr persönliches Investitions- und Konsumverhalten für ihre eigene Lebenszeit optimieren. Unabhängig davon, dass diese Lebenszeit eine nicht immer vorhersehbare Variable ist, sollte mit einer signifikant erhöhten Konsumneigung zu rechnen sein. Sprich, die Menschen werden mehr Geld für sich selbst ausgeben und eher mittelfristige Investitionsstile an den Tag legen. Zudem ist mit einer höheren allgemeinen Investitionsneigung in immaterielle Güter zu rechnen. Paradebeispiel wäre wohl die Bildung der eigenen Nachkommen oder vergleichbar abhängiger Personen.
Langfristige Stabilität:
Ein wesentlicher Vorteil liegt in der hohen langfristigen Stabilität eines solchen intergenerationell umverteilenden Systems, ohne strukturelle Veränderungen der innergesellschaftlichen Makroverhältnisse (Vermögensverteilung, Zugang zu öffentlichen Gütern, allgemeiner Einfluss auf Entscheidungen). Diese Stabilität kann von den bekannten Systemen bekanntlich nicht erreicht werden. Kommunistische Systeme kollabieren notwendigerweise wirtschaftlich, herkömmlich umverteilende kapitalistische Systeme kollabieren zwar nicht, führen aber zu divergierenden sozialen Verhältnissen.
Fazit:
Wie bei komplexen Ansätzen üblich gibt es auch bei einem System intergenerationeller Umverteilung neben Vorteilen auch verschiedene Probleme.
Zudem ist zu sehen, dass die eben abgeschlossene Betrachtung höchstens in ferner Zukunft realisierbar sein wird. Zu groß sind die kulturellen Manifeste in den Köpfen der Menschen, die zudem in modernen Demokratien auch noch mitentscheiden. Hinzu kommen die massiven Wechselkosten. Beide Punkte machen einen ausreichend umfassenden Wechsel ohne Revolution undenkbar, und wer möchte schon eine Revolution.
Dennoch muss abschließend festgestellt werden, dass, wenn es gelänge das System zu implementieren und die kulturelle Prägung der Menschen zu überwinden bzw. umzuprägen, ein nicht nur umsetzbares und stabiles sondern vielmehr auch noch objektiv deutlich gerechteres System wäre. Zentrale soziale Probleme der heutigen sozialen Marktwirtschaften wären überwunden. Ein weiterer Schritt weg von Aristokratie, Brot und Spielen.
Zuletzt ist es noch wichtig anzumerken, dass Gerechtigkeit, eigentlich ein stark objektiver Wert oder Zustand, von jedem Individuum subjektiv wahrgenommen und eingeschätzt wird. Daher ist auch in einem objektiv gerechteren System davon auszugehen, dass die mikrokosmische Wahrnehmung ein differenzierteres Bild von Gerechtigkeiten zeichnet. Die Wertung dieser individuellen Einschätzungen geht indes tief in (gruppen-)psychologische Bereiche und muss daher von anderen spezieller beantwortet werden. Dies betrifft unter anderem die Frage, in welchem Ausmaß Menschen in einer objektiv gerechten Welt Kenntnis über die Objektivität dieser Gerechtigkeit haben möchten.
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Wasserprivatisierung - Warum es in Monopolsituationen keine Privatisierungsvorteile gibt
bobloblaw, Montag, 8. August 2016, 17:04
Wasserprivatisierung ist Unrecht.Und ökonomischer Unsinn.
Wieso das so ist wird etwas später deutlicher werden, den Einstieg will Ich aber bewußt woanders wählen.
1. Zunächst aber ein kurzer Ausflug zu den wesentlichen wirtschaftstheoretischen Grundlagen zur Betrachtung dieses Problems.
a) Normativ idealistische Privatisierungeffekte
i) Bedingt durch eine monetäre, anstatt einer quantitativen (und budgetären), Zielsetzung sind private Unternehmungen effizienter als öffentlich-rechtliche Institutionen. Dies gilt umso mehr, je größer die Organisation ist, obgleich auch private Unternehmungen größenbedingte Effizienzverluste kennen.
ii) Aufgrund der effizienteren Entscheidungsfindung und der ökonomischen Ausrichtung privater Unternehmen sind private Modelle durch eine deutlich großvolumigere und effektivere Investitionsallokation gekennzeichnet.
Diese theoretischen Punkte finden sich oft - teilweise mit großer Berechtigung - in den Argumentationen für eine Ausweitung des privaten Sektors in verschiedensten Bereichen zu Ungunsten öffentlich organisierter Strukturen.
b) Gewinnstrukturen im Monopol
i) Optimierungsprobleme
Der Angebotsmonopolist bestimmt die gesamte am Markt angebotene Menge und darüber indirekt den Preis. Er setzt seinen Preis also vielmehr so, dass seine (abnehmenden) marginalen Erlöse den (zunehmenden) marginalen Kosten einer zusätzlichen Einheit seines Angebots (Gut oder Dienstleistung) enstprechen.
Vielmehr bestimmt der Monopolist aber auch die Qualität des Angebots - ein oftmals in der theoretischen Betrachtung vernachlässigter Betrachtungswinkel.
Eines bleibt dabei bei privatwirtschaftlichen Organisationen oberste Prämisse: Das Optimierungsproblem des Monopolisten ist die Maximierung des Gewinns über eine Mengen- (und Preis-) Entscheidung. Natürlich ist dabei die parallele Verfolgung sekundärer monetärer und nicht-monetärer Ziele keineswegs ausgeschlossen.
ii). Marktseitige Rahmenbedingugnen
Die Anzahl der Anbieter in einem Markt kann sich aufgrund verschiedener Gründe auf eins reduzieren. Zunächst ist dort das natürliche Monopol. Dabei bestimmt eine sehr hohe Kostenstruktur, dass lediglich ein einziger Anbieter langfrsitig im Markt verbleiben kann.
Eine Zweite Möglichkeit ist eine Monopolstellung aufgrund hoher Markteintrittsbarrieren. Dabei kann es sich um Markenvorteile oder auch technischen Vorsprung bis hin zu patentrechlich geschützen Produkten und Dienstleistungen handeln.
Ein Spezialfall ist dabei die exklusive oder stark bevorteilte Kontrolle über eine strategisch relevante Ressource. Dabei kann es sich um tatsächliche natürliche Ressourcen, insbesondere aber auch um Infrastruktur handeln.
iii) Nachfrageseitige Rahmenbedingungen
Ein weiterer wichtiger Bestimmungsfaktor für den taktischen Spielraum des Monopolisten sind die Elsatizitäten der Nachfrage gegenüber dem Preis und dem Einkommen. Eine Elastizität zeigt die Änderung einer Größe auf die Veränderung einer Einflussgröße.
Es ist also durchaus entscheidend, ob die Nachfrager das Angebot auch dann noch konsumieren, wenn sie von einem hohem Einkommensschnitt geprägt ist. Besonders relevant ist jedoch ob die Haushalte das Gut auch dann noch sehr extensiv nachfragen, wenn der Preis steigt, die Nachfrage also sehr unelastisch auf den Preis reagiert.
2. Nachdem nun die wichtigsten Grundlagen in aller notwendigen Kürze dargelegt sind, kann nun die eigentliche Situation einer Privatisierung einer kommunalen Wasserversorgung detaillierter betrachtet werden.
Das fällt jetzt deutlich leichter, denn im Endeffekt ist all das, was eine nicht abschließende aber fundamental ausreichende Analyse erfordert, im theoretischen Rahmen, bereits vorliegt.
Betrachten wir als erstes die übliche Strukturierung einer kommunalen Wasserversorgung und anschließend die wichtigsten derivativen Implikationen.
- Kommunale Wasserversorgung ist in der Regel durch einen einzigen Anbieter, in der Regel die kommunalen Wasserwerke, gekennzeichnet. Das liegt vorrangig an den vorliegenden Netzkosten und dem Umstand, dass eine disaggregation bei öffentlich-rechtlich geprägten Organisationen kostenseitig Unsinn ist, da man neben den fast unvermeidlichen Koordinationsnachteilen auch noch auf Größenvorteile verzichten würde. Zudem wäre der einsetzende Wettbewerb widersinnig.
- Wasserversorgungssysteme, dabei im Besonderen auch das Leitungssystem, können nicht so einfach unter Anbietern geteilt werden. Dieser Umstand stellt einen entscheidenden Unterschied zu Energie-, Daten- oder gar Verkehrsnetzen dar, die teilweise auch durch staatliche Verfügung für andere Anbieter freigegeben werden können bzw. müssen.
- Als quasi-staatliches Monopol minimiert ein kommunaler Wasserversorger - zumindest theoretisch - seine Kosten unter der Bedingung der Aufrechterhaltung des Versorgungsstandards. Dieses Kalkül bestimmt auch die originäre Preissetzung.
Soviel zu den allgemeinen Strukturen in der kommunalen Wasserversorgung. Im Weiteren ist es jetzt möglich die kombinierten Implikationen aus diesen Strukturen und der ökonomischen Betrachtungsebene zu diskutieren. Die Konsequenzen sind aber relativ eindeutig.
i) Die Ausgangssituation des Privatisierungsprozesses und die infrastrukturellen Gegebenheiten lassen lediglich die vollständige Privatisierung, also den Verkauf an einen - zumindest in der Folge - Gebietsmonoplisten im kommunalen Wassermarkt.
ii) Der Monopolist wird seinen Preis optimieren. Die Nachfragelastizitäten sind sehr gering, die konsumentenseitige Verhandlungsmacht sehr schwach. Dementsprechend ist mit deutlich anziehenden Preisen zu rechnen
iii) Der Monopolist wird seinen Gewinn auch über die Kostenseite maximieren. Die Investitionsvolumina werden aufgrund geringer Notwendigkeit die Marktanteile zu verteidigen auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt. Folge ist eine geringere Instandhaltung und Verbesserung des Wassernetzes und der technischen Anlagen. In der mittleren bis langen Frist wird dadurch die Qualität des Wassers sinken.
Die Folgen für den Kunden sind also sehr schlecht. Er muss mehr bezahlen und das für ein schlechteres Produkt. Und auch für die verkaufende Gemeinde ist der Deal einfach schlecht. Wieso gibt man eine stabile, nachhaltige Einnahmequelle auf um einen kurzfristigen finanziellen Pay-Off zu erhalten. Das kann nur im kurzfristigen Kalkül des Stadtkämmerers Sinn machen, der um seine nächste Amtszeit fürchtet. Denn am Ende gewinnt nur einer, alle anderen verlieren.
Und das darf es bei einem so wichtigen Gut wie Wasser einfach nicht geben. Auf diese Weise Geld zu verdienen ist einfach nur eines: Unanständig.
Wieso das so ist wird etwas später deutlicher werden, den Einstieg will Ich aber bewußt woanders wählen.
1. Zunächst aber ein kurzer Ausflug zu den wesentlichen wirtschaftstheoretischen Grundlagen zur Betrachtung dieses Problems.
a) Normativ idealistische Privatisierungeffekte
i) Bedingt durch eine monetäre, anstatt einer quantitativen (und budgetären), Zielsetzung sind private Unternehmungen effizienter als öffentlich-rechtliche Institutionen. Dies gilt umso mehr, je größer die Organisation ist, obgleich auch private Unternehmungen größenbedingte Effizienzverluste kennen.
ii) Aufgrund der effizienteren Entscheidungsfindung und der ökonomischen Ausrichtung privater Unternehmen sind private Modelle durch eine deutlich großvolumigere und effektivere Investitionsallokation gekennzeichnet.
Diese theoretischen Punkte finden sich oft - teilweise mit großer Berechtigung - in den Argumentationen für eine Ausweitung des privaten Sektors in verschiedensten Bereichen zu Ungunsten öffentlich organisierter Strukturen.
b) Gewinnstrukturen im Monopol
i) Optimierungsprobleme
Der Angebotsmonopolist bestimmt die gesamte am Markt angebotene Menge und darüber indirekt den Preis. Er setzt seinen Preis also vielmehr so, dass seine (abnehmenden) marginalen Erlöse den (zunehmenden) marginalen Kosten einer zusätzlichen Einheit seines Angebots (Gut oder Dienstleistung) enstprechen.
Vielmehr bestimmt der Monopolist aber auch die Qualität des Angebots - ein oftmals in der theoretischen Betrachtung vernachlässigter Betrachtungswinkel.
Eines bleibt dabei bei privatwirtschaftlichen Organisationen oberste Prämisse: Das Optimierungsproblem des Monopolisten ist die Maximierung des Gewinns über eine Mengen- (und Preis-) Entscheidung. Natürlich ist dabei die parallele Verfolgung sekundärer monetärer und nicht-monetärer Ziele keineswegs ausgeschlossen.
ii). Marktseitige Rahmenbedingugnen
Die Anzahl der Anbieter in einem Markt kann sich aufgrund verschiedener Gründe auf eins reduzieren. Zunächst ist dort das natürliche Monopol. Dabei bestimmt eine sehr hohe Kostenstruktur, dass lediglich ein einziger Anbieter langfrsitig im Markt verbleiben kann.
Eine Zweite Möglichkeit ist eine Monopolstellung aufgrund hoher Markteintrittsbarrieren. Dabei kann es sich um Markenvorteile oder auch technischen Vorsprung bis hin zu patentrechlich geschützen Produkten und Dienstleistungen handeln.
Ein Spezialfall ist dabei die exklusive oder stark bevorteilte Kontrolle über eine strategisch relevante Ressource. Dabei kann es sich um tatsächliche natürliche Ressourcen, insbesondere aber auch um Infrastruktur handeln.
iii) Nachfrageseitige Rahmenbedingungen
Ein weiterer wichtiger Bestimmungsfaktor für den taktischen Spielraum des Monopolisten sind die Elsatizitäten der Nachfrage gegenüber dem Preis und dem Einkommen. Eine Elastizität zeigt die Änderung einer Größe auf die Veränderung einer Einflussgröße.
Es ist also durchaus entscheidend, ob die Nachfrager das Angebot auch dann noch konsumieren, wenn sie von einem hohem Einkommensschnitt geprägt ist. Besonders relevant ist jedoch ob die Haushalte das Gut auch dann noch sehr extensiv nachfragen, wenn der Preis steigt, die Nachfrage also sehr unelastisch auf den Preis reagiert.
2. Nachdem nun die wichtigsten Grundlagen in aller notwendigen Kürze dargelegt sind, kann nun die eigentliche Situation einer Privatisierung einer kommunalen Wasserversorgung detaillierter betrachtet werden.
Das fällt jetzt deutlich leichter, denn im Endeffekt ist all das, was eine nicht abschließende aber fundamental ausreichende Analyse erfordert, im theoretischen Rahmen, bereits vorliegt.
Betrachten wir als erstes die übliche Strukturierung einer kommunalen Wasserversorgung und anschließend die wichtigsten derivativen Implikationen.
- Kommunale Wasserversorgung ist in der Regel durch einen einzigen Anbieter, in der Regel die kommunalen Wasserwerke, gekennzeichnet. Das liegt vorrangig an den vorliegenden Netzkosten und dem Umstand, dass eine disaggregation bei öffentlich-rechtlich geprägten Organisationen kostenseitig Unsinn ist, da man neben den fast unvermeidlichen Koordinationsnachteilen auch noch auf Größenvorteile verzichten würde. Zudem wäre der einsetzende Wettbewerb widersinnig.
- Wasserversorgungssysteme, dabei im Besonderen auch das Leitungssystem, können nicht so einfach unter Anbietern geteilt werden. Dieser Umstand stellt einen entscheidenden Unterschied zu Energie-, Daten- oder gar Verkehrsnetzen dar, die teilweise auch durch staatliche Verfügung für andere Anbieter freigegeben werden können bzw. müssen.
- Als quasi-staatliches Monopol minimiert ein kommunaler Wasserversorger - zumindest theoretisch - seine Kosten unter der Bedingung der Aufrechterhaltung des Versorgungsstandards. Dieses Kalkül bestimmt auch die originäre Preissetzung.
Soviel zu den allgemeinen Strukturen in der kommunalen Wasserversorgung. Im Weiteren ist es jetzt möglich die kombinierten Implikationen aus diesen Strukturen und der ökonomischen Betrachtungsebene zu diskutieren. Die Konsequenzen sind aber relativ eindeutig.
i) Die Ausgangssituation des Privatisierungsprozesses und die infrastrukturellen Gegebenheiten lassen lediglich die vollständige Privatisierung, also den Verkauf an einen - zumindest in der Folge - Gebietsmonoplisten im kommunalen Wassermarkt.
ii) Der Monopolist wird seinen Preis optimieren. Die Nachfragelastizitäten sind sehr gering, die konsumentenseitige Verhandlungsmacht sehr schwach. Dementsprechend ist mit deutlich anziehenden Preisen zu rechnen
iii) Der Monopolist wird seinen Gewinn auch über die Kostenseite maximieren. Die Investitionsvolumina werden aufgrund geringer Notwendigkeit die Marktanteile zu verteidigen auf ein Mindestmaß zurückgeschraubt. Folge ist eine geringere Instandhaltung und Verbesserung des Wassernetzes und der technischen Anlagen. In der mittleren bis langen Frist wird dadurch die Qualität des Wassers sinken.
Die Folgen für den Kunden sind also sehr schlecht. Er muss mehr bezahlen und das für ein schlechteres Produkt. Und auch für die verkaufende Gemeinde ist der Deal einfach schlecht. Wieso gibt man eine stabile, nachhaltige Einnahmequelle auf um einen kurzfristigen finanziellen Pay-Off zu erhalten. Das kann nur im kurzfristigen Kalkül des Stadtkämmerers Sinn machen, der um seine nächste Amtszeit fürchtet. Denn am Ende gewinnt nur einer, alle anderen verlieren.
Und das darf es bei einem so wichtigen Gut wie Wasser einfach nicht geben. Auf diese Weise Geld zu verdienen ist einfach nur eines: Unanständig.
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